245 Speere sausen, Schwerter klirren, Schilde krachen, Brünnen brechen. Manch mutiges Rotz stürzt getroffen darnieder, manch ruhmvoller Held sinkt verwundet in den Sand. Aber wenn der Mittag gekommen, sind alle Wunden wieder heil. Friedlich und fröhlich eilen die wackeren Kämpfer nach Walhalla. Hier harren schon die Walküren als Dienerinnen der Wiedererstandenen und kredenzen den Ankommenden den köstlichen Trank. * * -i- Die Nornen. In grauer Vorzeit wurden drei Göttinnen geboren und von den Riesen gepflegt. Sie nahmen ihre Wohnung an dem Teile der Welt¬ eschenwurzel, der nach Midgard sich hinzieht. Es waren drei riesige Schwestern, die Nornen, und sie hietzen Urd (Vergangenheit), Werdanda (Gegenwart) und Skuld (Zukunft). Sie sind die Schicksalsgottheiten und ahnen alles voraus, was bei den Göttern und Menschen geschieht. Aber sie wissen der Menschen Geschicke nicht blotz, sie schaffen sie auch. Schweigend sitzen sie am Urdbrunnen und spinnen die Schicksals- fäden, härene, seidene und etliche von Gold und einen gen Norden, der unzerreitzbar, der jedem bestimmt ist und das Leid bedeutet und das Ende des Lebens. Sie richten auch über die Taten der Menschen, sie lohnen und strafen; den Blutspuren des Mörders folgen sie und ergreifen den Verbrecher, wo und wie er sich auch bergen mag. Manchmal verkünden sie auch den Menschenkindern die kommenden Dinge; sie schweben über den Heeren, die kampfbereit einander gegenüberstehen, und bestimmen die Todeslose; in schicksalsschweren Zeiten offenbaren sie dem ahnenden Geiste die völkererschütternden Ereignisse. Sie drücken auf die Nägel der Menschen ihre Zeichen. Ehemals wutzte man die Flecken zu deuten, nun ist diese Kenntnis entschwunden. Die Nornen, von denen Urd altersgrau ist, Werdanda weder jung noch alt, Skuld immerjugendlich und schön, kannten auch das Schicksal des Alls. Sie wutzten, datz einstmals, weil Götter und Menschen nicht schuldlos geblieben waren, dem Weltall der Untergang drohe, datz ein Weltbrand Himmel und Erde zerstören, die Weltesche vernichten und selbst den seligen Göttern das Ende bereiten werde. Sie begietzen den Weltenbaum, damit er nicht vorzeitig verdorre.