172 <V7<V7<V7<V7<V7<S7 <V7<V7<V7V7 seit Gudruns Entführung herankam, sandte Hilde Boten an Herwig und ihren Sohn Ortwin und alle ihre Dienstmannen, vor allen an Wate, Frute und Horand, und berief ein gewaltiges Heer, das mit einer wohl¬ gerüsteten Flotte gleich nach Anfang des Jahres die Fahrt nach der Nor- 5 wandte antrat. Aber die kampfmutigen Krieger hatten mit vielen Schwierigkeiten zu ringen, ehe sie jenes Land erreichten. Zuerst wurden sie von widrigen Winden hoch nach Norden verschlagen; endlich, nach langen Tagen verzog sich der Nebel, und ein günstiger Luftzug trieb sie wieder in klares und flüssiges Wasser. Aber da erhob sich ein schwerer Sturm, 10 der sie nach vielen Gefahren an eine unbekannte Küste warf. Hier mußten sie, um sich von den überstandenen Mühseligkeiten zu erholen, sich eine Rast von einem Tage gönnen. Als aber einer der Krieger einen riesigen Baum erkletterte und in weiter Ferne Ludwigs Burg erkannte, da ließ es Ortwin und Herwig nicht langer Ruhe, sie erboten sich, während das 15 übrige Heer noch rastete, in Fischerkleidung in die nahe Normandie zu gehen, um zu erfahren, ob Gndrun und die mit ihr Entführten noch am Leben seien. Dringend riet selbst Wate von dem verwegenen Unternehmen ab; aber in Ortwin und Herwig war die Sehnsucht zu mächtig, und gerade die Gefahr lockte die Helden. 20 7. Wie Gndrun am Strande wusch. Der armen Gndrun war ihr Los inzwischen nicht erleichtert worden. Aber als sie eines Tages, um den Eintritt der Frühlingszeit, wieder mit Hildburg am Strande wusch, siehe, da kam ein Schwan geschwommen, unb der begann mit menschlicher Stimme zu reden und gab Gndrun auf 25 ihre Fragen Auskunft über Hilde und alle Helden in der Heimat, zugleich verhieß er ihr für den folgenden Morgen das Eintreffen zweier Boten aus dem Friesenland. Das war die erste Freude seit langer Zeit, und fröhlich nahmen die beiden Jungfrauen abends ihr kärgliches Nachtmahl ein und legten sich dann getrost auf die harten Bänke. Aber sie konnten 30 nicht schlafen, mit zu großer Ungeduld erwarteten sie den nächsten Morgen. Als der Tag eben graute, sah Hildburg hinaus; o weh! da war ein tiefer Schnee gefallen, und schon seit einiger Zeit waren ihnen die Schuhe genommen. Um Gudruns willen ging deshalb die treue Freundin zu Gerlinde, die sich noch im warmen Bette behaglich dehnte, und bat, sie 35 möge ihnen doch heut wenigstens Schuhe erlauben. Aber mit harten Worten schlug das böse Weib ihr Begehren ab. So wanderten die beiden armen Frauen barfuß durch den Schnee an den Strand und begannen, vor Kätte zitternd, zu waschen. Lange harrten sie vergeblich der ver¬ heißenen Boten. Endlich kamen zwei Fischer in einer Barke heran. Sollten 40 das Hildens Boten sein? Es ahnte den Jungfrauen, daß sie es wären; aber da überkam sie der Gedanke, daß sie barfuß wären und der März¬ wind ihr Haar verwildert habe, und von Scham ergriffen, wollten sie