400 Und Antwort wollen die Leute doch auch haben, und die bekommen sie auch. Aber die schreibt nicht der Kaiser. Wofür hätte er denn da auch seine Schreiber und die andern Beamten! Aber er muß ihnen doch sagen, was sie schreiben sollen. 5 Währenddem stehen die Minister und alle die vielen Räte schon bereit und warten. Und wenn er mit den Briefen fertig ist, dann kommen jene an die Reihe. Da hat nun der eine dies, der andere das zu sagen und zu fragen, und der Kaiser muß sie alle anhören und ihnen seinen Willen kundtun. Daß dazu nun mehr gehört, als wenn der Meier 10 daheim den Knechten und Tagelöhnern ihre Arbeit anweist und die Meierin den Mädchen, das könnt Ihr Euch wohl denken. Denn das Reich ist groß, und es gibt viele drin zu regieren. Aber um 9 Uhr ist er damit fertig. Und dann fahrt er aus oder geht spazieren. 15 „Da haben wir's ja," werdet Ihr nun vielleicht denken, „da geht der „gute Tag" schon an; wo kann unsereiner um 9 Uhr morgens schon spazieren gehen oder fahren oder reiten!" Aber wartet's ab, Vater, bis Ihr alles wißt, und ihr werdet nimmer so reden. Unsereiner, der den ganzen Tag ans dem Acker zubringt mit Pflügen 20 oder Graben oder auf der Wiese mit Mähen, der braucht nicht spazieren zu gehen, der ist doch gesund. Das macht die Bewegung in der frischen Luft. Wer aber den ganzen Tag hinter den Büchern sitzt oder mit dem Kopfe arbeitet, der muß auch mal hinaus in die freie Natur; sonst tut's nimmer gut, und er bleibt nicht gesund. 25 Und daß es unserm Kaiser nicht bloß um das bißchen Spazieren¬ gehen zu tun ist, könnt Ihr deutlich daraus sehen, daß er bei schlechter Witterung in der Reitbahn reitet. Am liebsten aber ist's ihm, wenn er hinaus kann zum Exerzieren seiner Soldaten. Da sollt Ihr ihn mal sehen! Dann ist vom Spazierengehen keine Rede. Dann sitzt er oft fünf 30 bis sechs Stunden im Sattel und wird doch nie müde davon. Von 12—2 Uhr hat er Besuch von hohen Personen, von Fürsten, Ministern und Generalen, und wer sonst noch zu ihm will. Da kann auch unsereins mal zu ihm kommen, wenn man ein Anliegen hat und sonst ein rechtschaffener Mann ist. Denn unser Kaiser hat ein warmes 35 Herz für uns geringe Leute, und er hört jeden an, wenn er nur eine rechte Sache hat. Und ich habe schon manchen gesehen, der ging mit Tränen in den Augen zu ihm und mit Tränen kam er wieder; aber die letzteren weinte er vor Freude. Um 2 Uhr gibt's ein Frühstück. Das nimmt der Kaiser gemeinschaft- 40 lich mit der Kaiserin und den Kindern ein. Nachher macht er Besuche bei hohen Personen, die nach Berlin gekommen sind oder dort wohnen, und arbeitet mit seinen Ministern und Beamten.