111 kennen und sagte einmal: „Nur zwei Männer kenne ich, die ganz ohne Menschenfurcht sind, den Minister Stein und den General Blücher." Auch in der Armee mutzte ein neuer Grund gelegt werden, und ohne Aufenthalt ging man daran. Die Stockprügel, die zu einer wahrhaft entehrenden Mitzhandlung des Soldaten geworden waren, wurden abgeschafft, die Offiziersstellen jedem tüchtigen Soldaten, ob er von Adel war oder nicht, zugänglich gemacht, sittenlose, unfähige, kraftlose Offiziere und Generale entfernt, die allgemeine Wehrpflicht vorbereitet, die dann durch das Ge¬ setz vom 3. September 1814 eingeführt wurde. So wurde jenes Volks¬ heer begründet, das den preußischen Staat unter Gottes Segen aus den Tiefen von 1806 und 1807 zu den Höhen von 1813—1815 und endlich zu den Großtaten von 1870 und 1871 geführt hat. Nach den furchtbaren Niederlagen bei Jena, Eylau und Friedland, die das ganze preußische Heer zerschmettert hatten, war man durch die angestrengte Tätigkeit Steins, Scharnhorsts, Eneisenaus doch schon im Sommer des Jahres 1808 so weit, daß man über 50000 Mann und 1370 Geschütze verfügen konnte. Nahm man die Reserve und die Landwehr dazu, so konnte man sogar eine Armee von 150000 Mann aufbringen, die von tüchtigen Offizieren geleitet und von einem ganz neuen, opferfreudigen, kriegerischen Geist beseelt war. So wuchs unter Steins sorgsamer und kräftiger Pflege aus den Trümmern des alten der neue preußische Staat fröhlich empor und sammelte in aller Stille seine Kraft für die Stunde der Befreiung. G. Weitbrecht. 42. Johann Karl Bertram Ztüve. 1. Johann. Karl Bertram Stüve war ein nicht bloß in Osnabrück, son¬ dern in gatiz Deutschland hochangesehener Mann. Geboren am 4. März 1798, verlor er bereits mit 15 Jahren den Vater. Wie dieser es getan, widmete auch er sich der Rechtswissenschaft und ließ sich nach Beendigung seiner Vorbildung als Rechtsanwalt in Osnabrück nieder. Eine besondere Neigung trieb ihn, sich mit der Geschichte seiner Vater¬ stadt und Heimat zu beschäftigen, und wenn wir viel davon wissen, so haben wir das ihm hauptsächlich zu verdanken. Teils seine geschichtlichen Arbeiten, teils aber auch [eine Tätigkeit als Mitglied des hannoverschen Landtages, in den seine Mitbürger 1824 ihn gewählt hatten, lenkten seine Blicke auf die traurige Lage der bäuerlichen Bevölkerung. Damals gab es keinen freien Bauernstand, sondern die Besitzer und Bewohner der Höfe waren mit Gut und Leben Eigentum der Gutsherren oder kirchlicher und klösterlicher Stiftungen. Sie mußten mit Wagen, Pferden und Leuten die Arbeiten auf den Gütern ausführen oder Hand- und Spanndienste leisten, wie man es nannte, und konnten während dieser Zeit die eigene Wirtschaft nicht besorgen. Dazu hatten sie bedeutende Abgaben oder Ge¬ fälle an Geld und Gut zu entrichten. So fiel die Hälfte der beweglichen