125 23. Der König darob sich ver¬ wundert schier lind spricht: „Der Becher ist dein, und diesen Ring noch bestimm' ich dir, geschmückt mit dem köstlichsten Edel¬ gestein, versuchst du's noch einmal und bringst mir Kunde, was du sahst auf des Meeres tief¬ unterstem Grunde." 24. Das hörte die Tochter mit weichem Gefühl, und mit schmeichelndem Munde sie fleht: „Laßt, Vater, genug sein das grau¬ same Spiel! Er hat Euch bestanden, was keiner besteht; und könnt Ihr des Herzens Gelüste nicht zählnen, so mögen die Ritter den Knappen beschämen." 25. Drauf der König greift nach dem Becher schnell, in den Strudel ihn schleudert hinein: „Und schaffst du den Becher mir wieder zur Stell', so sollst du der trefflichste Ritter mir sein und sollst sie als Ehgemahl heut' noch umarmen, die jetzt ftir dich bittet mit zartem Erbarmen." 26. Da ergreift's ihm die Seele mit Himmelsgewalt, und es blitzt aus den Augen ihm kühn, und er siehet erröten die schöne Gestalt und sieht sie erbleichen und sinken hin — Da treibt's ihn, den köstlichen Preis zu erwerben, und stürzt hinunter auf Leben und Sterben. 27. Wohl hört man die Brandung, wohl kehrt sie zurück, sie verkündigt der donnernde Schall; da bückt sich's hinunter mit liebendem Blick: — Es kommen, es kommen die Wasser all', sie rauschen herauf, sie rauschen nieder — den Jüngling bringt keines wieder. Friedrich v. Schiller. 92. Kannitverstan. 1. Der Mellsch hat wohl täglich Gelegenheit, in Emmeildingen und Gundelfingen so gut als in Amsterdam, Betrachtilngen über den Un¬ bestand aller irdischen Dinge anzustellen, wenn er will, und zufrieden zu werden mit seinem Schicksal, wenn auch nicht viel gebratene Tauben für ihn in der Lust herumfliegen. Aber auf dem seltsamsten Umwege kam ein deutscher Handwerksbursche in Amsterdam durch den Irrtum zur Wahrheit und zu ihrer Erkenntnis. Denn als er in diese große und reiche Handelsstadt voll prächtiger Häuser, wogender Schiffe und geschäftiger Menschen gekonrmen war, fiel ihm sogleich ein großes und schönes Haus