VI. Nus Sage und Geschichte 163. Deukaliön und Pyrrha. Zeus hatte beschlossen, das verderbte Geschlecht der Menschen durch eine Wasserflut zu vertilgen. Er goß aus den Schleusen des Himmels unendlichen Regen herab, und Poseidon, sein Bruder, der Beherrscher des Meeres und aller Gewässer, ließ das Wasser aus den Felsenkammern der Tiefe hervorbrechen, so daß bald die ganze Erde überflutet war. Nur ein Menschenpaar rettete sich aus dem allgemeinen Untergang, der gerechte Deukaliön, ein Sohn des Prometheus, mit Pyrrha, seinem frommen Weibe. Auf des Prometheus Rat hatte er sich vor dem Heran¬ nahen der Flut einen Kasten erbaut, in welchem er sich mit feinem Weibe barg, als die Wasser zu steigen begannen. Neun Tage und neun Nächte trieb er auf der Flut umher, da blieb sein Fahrzeug auf dem Berge Parnassus in Böotien hängen. Er stieg aus und brachte Zeus, dem Erretter, ein Dankopfer. Zeus belohnte die Frömmigkeit der beiden und gewährte ihre Bitte um Erneuerung des Menschengeschlechtes. Deukaliön und Pyrrha erhielten durch Hermes den Befehl, Steine hinter sich zu werfen, aus welchen dann ein neues Menschengeschlecht entstand. Deukaliön unterwies sie in allerlei Künsten und wurde ihr König. Ihm folgte sein Sohn Hellen, der Stammvater der Hellenen (Griechen). H. W. Stoll. 164. Herkules am Scheidewege. Als Herkules (Herakles), auf seine Herde achtend, einst an einem Scheidewege saß, erschienen ihm von entgegengesetzten Seiten her zwei wunderbar schöne, weibliche Gestalten und luden ihn ein, mit ihnen zu gehen. Ohne Scheu trat die eine auf ihn zu und redete ihn an: „Herkules, ich sehe, daß du unschlüssig bist, welchen Weg durch das Leben du einschlagen sollst. Willst du mich zur Freundin wählen, so werde ich dich die angenehmste und ge¬ mächlichste Straße führen: keine Lust sollst du ungekostet lassen,