140 Die anderen Pflänzlein aber, Schneeglöckchen und Dotterblume, Hahnenfuß und Lerchensporn, Himmelsschlüssel und Osterblume hatten sich alle mit bunten Blumen geschmückt. Und sie ver¬ spotteten das Waldmeisterlein, daß es im bloßen Röcklein mit bei der Frühlingsfeier sein wollte, und schalten es ein einfältig eitel Ding, welches es den Sternen da oben am Himmel gleich tun wolle, und nannten es spottweise Sternkräutchen; denn sie ärgerten sich darüber, daß es ein schöneres Röckchen trug als sie alle. Da weinte das arme Waldmeisterlein bittere Tränen, daß es nicht bei dem Einzuge des Frühlings sein sollte. Der Frühling aber hatte alles mit angehört und auch gesehen, wie das arme Pflänzlein weinte. Und als er in den Wald Einzug hielt, rief er sogleich nach dem Sternkräutchen; denn es hatte sich unter das dürre Laub versteckt. Und als es herzukam, siehe, da dufteten seine Blättchen viel lieblicher und süßer als die Blüten aller anderen Pflanzen zusammen. Seine Tränen hatten die Blättchen getränkt und sich in Duft aufgelöst, und den hauchten diese nun wieder aus. Der Frühling pflückte sich einen Zweig von Sternkräutchen und steckte ihn an seinen Hut. Dann rief er, daß es weithin durch den Wald hallte: „Du von deinen Schwestern verachtetes Pflänzchen sollst fortan mein Liebling sein und Waldmeisterlein heißen; denn du vermagst mehr als sie alle: du verstreuest Düfte, ohne zu blühen.“ Blüten erhielt klein Waldmeisterlein später nun zwar auch, aber die waren klein und unscheinbar. Und so sind sie heute noch. Wir lieben das Waldmeisterlein alle und erfreuen uns an dem Dufte seiner Blätter. Reiche Leute legen die Blättchen und Stengel in Wein, dann geben sie diesem ihren Duft ab und würzen ihn. 95. Malctvöglem. Von ^ermann Melke. Singvögelein. Herausg. von L. Erk u. W. Greef. 2. Heft. 10. Auflage. Essen 1850. 8. 13. (1. Str. Volkslied.) 1. Jcb geb' durch einen grasgrünen lüald und böre die Uögelein iingen; sie iingen io jung, iie iingen io alt, die kleinen Uögelein in dem Wald, die bör' ich io gerne wobl iingen!