41 Aber was jetzt zurückkehrte, das kam kläglicher, als einer im Volke geträumt hätte. Es war eine Herde armer Sünder, die ihren letzten Gang angetreten hatten, es waren wandelnde Leichen. Ungeordnete Haufen, ans allen Truppengattungen und Nationen zusammengesetzt, ohne Kommandornf und Trommel, lautlos wie ein Totenzug nahten sie der Stadt. Alle waren unbewaffnet, keiner beritten, keiner in vollständiger Montur, die Bekleidung zerlumpt und unsauber, aus den Kleidungsstücken der Bauern und ihrer Frauen ergänzt. Was jeder gefunden, hatte er an Kopf und Schultern gehängt, um eine Hülle gegen die markzerstörende Kälte zu haben: alte Säcke, zerrissene Pferdedecken, Teppiche, Shawls, frisch abgezogene Häute von Katzen und Hunden. Man sah Grenadiere in großen Schafpelzen, Kürassiere, die Weiberröcke von buntem Fries wie spanische Mäntel trugen. Nur wenige hatten Helm und Tschako, jede Art Kopftracht, bunte und weiße Nacht¬ mützen, wie sie der Bauer trug, tief in das Gesicht gezogen, ein Tuch oder ein Stück Pelz zum Schutz der Ohren darüber geknüpft, Tücher auch über den unteren Teil des Gesichts. Und doch waren der Mehrzahl Ohren und Nasen erfroren und feuerrot, erloschen lagen die dunkeln Angen in ihren Höhlen. Selten trug einer Schuh oder Stiesel, glücklich war, wer in Filz- socken oder in weiten Pelzschuhen den elenden Marsch machen konnte; vielen waren die Füße mit Stroh umwickelt, mit Decken, Lappen, dem Fell der Tornister oder dem Filz von alten Hüten. Alle wankten ans Stöcke gestützt lahm und hinkend. Auch die Garden unterschieden sich von den übrigen wenig, ihre Mäntel waren verbrannt, nur die Bärenmützen gaben ihnen noch ein militärisches Ansehen. So schlichen sie daher. Ofsiziere und Soldaten durcheinander mit gesenktem Haupt in dumpfer Betäubung. Alle waren durch Hunger und Frost und unsägliches Elend zu Schreckensgestalten ge¬ worden. Tag für Tag kamen sie jetzt auf der Landstraße heran, in der Regel sobald die Abenddämmerung und der eisige Winternebel über den Häusern lag. Dämonisch war das lautlose Erscheinen der schrecklichen Gestalten, entsetzlich die Leiden, welche sie mit sich brachten; die Kälte in ihren Leibern sei nicht fort zu bringen, ihr Hunger sei nicht zu stillen, behauptete das Volk. Wurden sie in ein warmes Zimmer geführt, so drängten sie mit Gewalt an den heißen Ofen, als wollten sie hinein kriechen, vergebens mühten sich mitleidige Hausfrauen, sie von der verderblichen Glut zurück¬ zuhalten. Gierig verschlangen sie das trockene Brot, einzelne vermochten nicht aufzuhören, bis sie starben. Bis nach der Schlacht von Leipzig lebte in: Volke der Glaube, daß sie vom Himmel mit ewigem Hunger gestraft seien. Noch dort geschah es, daß Gefangene in der Nähe ihres Lazaretts