108 Ja, solch ein Gottesbote, ja, solch ein Glanbensheld hat jüngst ans Nacht und Tode Und fragst dn, wie geheißen, dem solches Gott befahl? Geh hin, das kann dir weisen jedwedes Kind im Thal. Zum schlichten Kirchhofsteine geleiten sie dich hin: Hier liegen die Gebeine des Pfarrers Oberlin. gerettet Volk und Feld; er hat das Kreuz errichtet in feiner Wundermacht, bis alles war gelichtet und jedes Herz erwacht. Das Steinthal (le Ban de la Roche), unweit Schlettstadt, in rauher Lage und schon durch den 30jährigen Krieg so verheert, daß sich um die Mitte des vorigen Jahr¬ hunderts kaum hundert Familien dort dürftig nährten, bis Johann Friedrich Oberlin (1740 bis 1826) der aufopfernde und beglückende Bildner desselben ward. 54. Der beste Schatz. (Friedrich Ahlfeld) Im Jahre 1816 scheiterte an der klippenvollen Küste von Schottland in einem heftigen Sturme ein schwedisches Schiff. Das Volk stand in großen Scharen am Strande, hatte ein Herz zu helfen und war auch sonst der Kümpfe mit dem ungetreuen Elemente gewohnt; aber durch diese wilden Wogen wagte sich kein Lotse hindurch. So ward denn ein Stück des Schiffes nach dem andern weggerissen, und ein Mann von der Besatzung nach dem andern sank in die kalte Tiefe; die Wellen wurden ihre Grab¬ hügel. Nur ein Jüngling hatte sich mit Stricken vom Tauwerk an ein Stück vom zerbrochenen Maste gebunden. Die Flut trieb eine Weile mit ihm ihr Spiel; endlich warf sie ihn zwar noch lebend, aber ohne Bewußtsein an das Land. Das Volk war gleich herbei, ihm hilfreiche Hand zu leisten, ihn von seinem Wrack loszubinden und den glimmenden Funken des Lebens lvieder zur hellen Flamme anzufachen. Da bemerkte man, daß er sich mit einem Tuche ein Bündlein fest um den Leib gebunden hatte. Es tauchte die Frage auf: „Was mag er darin haben?" Einer meinte: „Es ist sein Geld," ein anderer: „Es ist seine Uhr," ein dritter: „Es sind die Schiffs¬ papiere." Und alle hatten unrecht und doch auch recht. Es war das Geld, welches dann noch gilt, wenn alles andere feinen Gehalt verloren hat. Es war die Uhr, welche allein richtig zeigt, was es in uns und in der Welt an der Zeit ist. Es waren die Schiffspapiere, welche angeben, was unser Herzensschiff laden soll, wer der Steuermann sein und welchen Weg es nehmen soll, wenn es glücklich an der Küste des einigen ewigen Festlandes anlanden will. Als man das Bündlein öffnete, war eine viel gebrauchte Bibel darin. Der Vater des Jünglings hatte auf das erste