200 102. Thronrede und Eid Friedrich Wilhelms IV. auf die Verfassung. (6. Februar 1850.) Das Werk, dem Ich heute Meine Bestätigung aufdrucken will, ist entstanden in einem Jahre, welches die Treue werdender Geschlechter wähl mit Thränen, aber vergebens wünschen wird, aus unserer Geschichte hin¬ auszubringen. In der Form, in der es Ihnen vorgelegt worden, ist es allerdings das Werk aufopfernder Treue von Männern, die diesen Thron gerettet haben, gegen die Meine Dankbarkeit nur mit Meinem Leben er¬ löschen wird; aber es wurde so in den Tagen, in welchen, im buchstäb¬ lichen Sinne des Wortes, das Dasein des Vaterlandes bedroht war. Es war das Werk des Augenblicks, und es trug den breiten Stempel seines Ursprungs. Die Frage ist gerechtfertigt, wie Ich, bei solcher Betrachtung, diesem Werke die Sanktion geben könne? Dennoch will Ich es, weil Ich es kann, und daß Ich es kann, verdank Ich Ihnen allein, Meine Herren. Sie haben die bessernde Hand daran gelegt, Sie haben Bedenkliches daraus entfernt, Gutes hineingetragen und Mir durch Ihre treffliche Arbeit und durch die Aufnahme meiner letzten Vorschläge ein Pfand gegeben, daß Sie die vor der Sanktion begonnene Arbeit der Vervollkommnung auch nachher nicht lassen wollen, und daß es unserem vereinten redlichen Streben aus verfassungsmäßigem Wege gelingen wird, es den Lebensbedürfnissen Preußens immer entsprechender zu machen. Ich darf dies Werk bestätigen, weil Ich es in Hoffnung kann. Alle guten Kräfte im Lande müssen sich vereinigen in Unterthanen¬ treue, in Ehrfurcht gegen das Königtum und diesen Thron, der ans den Siegen unserer Heere ruht, in Beobachtung der Gesetze, in wahrhafter Erfüllung des Huldignngseides, sowie des neuen Schwurs „der Treue und des Gehorsams gegen den König und des gewissenhaften Haltens der Verfassung", mit einem Worte: Seine Lebensbedingnng ist die, daß Mir das Regieren mit diesem Gesetze möglich gemacht werde; — denn in Preußen muß der König regieren, und Ich regiere nicht, weil es also Mein Wohlgefallen ist, Gott weiß es, sondern weil es Gottes Ordnung ist; darum aber will Ich auch regieren. — Ein freies Volk unter einem freien Könige, das war Meine Losung seit zehn Jahren, das ist ffe heut lind soll es bleiben, so lange Ich atme. Ehe Ich zur Handlung des Tages schreite, werde Ich zwei Gelöb¬ nisse vor Ihnen erneuern. Das gebietet Mir der Blick ans die zehn ver¬ flossenen Jahre Meiner Regierung.