86. Kurfürst Max Josef und Josef Fraunhofer. 119 voll von Franzosen, alle Thore mit ihnen besetzt, aber noch hört man nicht viel von Gewaltthätigkeiten oder Plündereien; nur bei den unregulierten Truppen hat man dies zu befürchten. Gott weiss, wie es noch gehen wird. Von der Besatzung von Kniebis, dem wichtigsten Posten unseres Landes, wo sie herein¬ kamen, wäre viel zu sagen. 86. Kurfürst Mar Josef und Josef Araunhofer (1801). 1. Am 21. Juli 1801 trug sich in München ein großes Unglück zu. An den beiden Häusern des Kaufmanns Pilon und des anstoßenden Melbers im Tiereckgäßchen sollten die Mauern ausgewechselt werden. Da stürzten plötzlich an diesem Tage um 1 Uhr nachmittags diese beiden Häuser unter fürchter¬ lichem Gekrache zusammen; vier Personen stürzten mit den Häusern in die Tiefe. Von diesen fiel ein Mädchen der Heb¬ amme Gaulrapp so glücklich, daß es gleich davonlaufen konnte. Auch der Spiegelmacher Weichselberger, welcher sich unter einem Thürgestell festhielt, wurde glücklich herausgebracht. Desto un¬ glücklicher ging es aber seiner Ehegattin samt seinem Lehr¬ jungen Josef Fraunhofer. Sie wurden verschüttet. 2. Eine Menge Menschen war herbeigekommen, um Hilfe zu bringen; auch Kurfürst Maximilian Josef begab sich sofort an Ort und Stelle. Während noch die Menge, gelähmt vom ersten Schrecken, auf die Unglücksstätte hinstarrte, hörte man auf einmal aus dem Schutte heraus eine um Hilfe rufende Menschenstimme. Nach langen Nachforschungen entdeckte man, daß die Stimme unter dem Stubenboden hervorkomme, der mit einer Seite an die Wand des stehengebliebenen Hauses sich festgestellt hatte. Der Kurfürst bot eine große Summe für die Rettung des Unglücklichen. Unter großen Anstrengungen und eigener Lebensgefahr gelang es einigen beherzten Männern; nach vierstündiger, rastloser Arbeit brachte man den Lehrling Josef Fraunhofer, ohne daß er irgend welä)en Schaden genommen, wieder ans Tageslicht heraus. Z. Kurfürst Maximilian ließ des andern Tages den Knaben Josef Fraunhofer zu sich kommen, beschenkte ihn mit 18 Dukaten und gab ihm die Zusicherung, für sein ferneres Fortkommen Sorge tragen zu wollen. 4. Josef Fraunhofer war am 6. März 1787 zu Straubing geboren, wo sein Vater ein unbemittelter Glasermeister war. «ein Vater verwendete ihn frühzeitig in seinem Geschäfte, Nach dessen Tode aber brachte iyn sein Vormund (1799) zuerst zu einem Drechslermeister und dann zu dem Hofspiegelmacher und Glas¬ schleifer Weichselberger in München in die Lehre, wo ihn das vorhin erzählte Unglück traf.