300 c 198. Auf dem Störfang. Niecdersachsen. 1. Jahrg. 1896. 18. Heft. 8. 273. Von Hheinrich Momsen. E war ein schöner Tag im Monat Mai. Durch einen Freund, den ich in Glückstadt besuchte, war ich mit einem dortigen Störfischer bekannt geworden, und dieser hatte uns zu einem Fischzuge eingeladen. Nur zu gern folgten wir der freundlichen Einladung. Es war Hoch— wasser, als wir am Hafen anlangten. Schon regten sich dort geschäftige Hände; denn der Fang sollte sogleich beginnen. In dem langen Boote, das wir bestiegen, befanden sich bereits der Fischer und sein Maat. Nun setzte die Ebbe ein, und langsam fuhren wir aus dem Hafen in die von Fahrzeugen belebte Elbe. Vom Boote aus, das ehemals zu einem Glückstädter Walfischfahrer gehörte, ward jetzt das große 150 in lange Netz ins Wasser gelassen; die Endschnüre wurden von Holzklötzen, sog. Pümpeln, gehalten, und vom Ebbstrom geführt, trieb es langsam stromabwärts. Langsam folgte unser Boot, von unserm Fischer geleitet, dem treibenden Netze. Plötzlich bewegten sich die Pümpel des Netzes heftiger; die Augen des Fischers und seines Maats leuchteten: ein Fisch hatte sich in den Maschen verstrickt. Langsam ward das Netz von den Fischern in die Höhe gezogen. Der Rücken des spindelförmig gestreckten Fisches, mit fünf Längsreihen großer Knochenschilder zu beiden Seiten des Koöͤrpers, dann eine Art Rüsselschnauze, an der vier Bartfäden herabhingen, erschien an der Oberfläche des Wassers. Der Fischer hatte die bereitliegende Harpune ergriffen, ein kräftiger Stoß — und das Eisen saß fest im Rücken des Fisches. Es war ein prächtiges Tier, das trotz des starken Harpunenstoßes das dahinrauschende Wasser noch peitschte. Doch das Eisen hielt, und endlich befand sich der wertvolle Fisch wohlgeborgen im Boote. Er hatte eine Länge von 21/ m; doch sagte uns der Fischer, daß der Stör bisweilen eine Länge von 4 bis 5m erreiche. Erwartungsvoll blickte Christian, der Maat, jetzt seinen Herrn an, und beinahe ängstlich kamen die Worte: „Hett he ok Moos?“ von seinen Lippen. „Jawoll, Krischan,“ erwiderte der Fischer, „Moos in Hüll und Füll!“ Ein befriedigendes Lächeln glitt über die gebräunten Züge des alten Maats. „Aber, was ist Moos?“ fragten wir den Fischer, „und warum schmunzelt Christian noch immer so vergnügt?“ „Moos ist Rogen,“ antwortete der Fischer, „ein Rogener wird uns vom Händler in Glückstadt doppelt so teuer wie ein Milchener bezahlt. Da nun mein Maat ein Drittel des Handgeldes erhält, werden sie seine Freude verstehen können.“ Während dieses Gesprächs hatten Fischer und Maat einen Strick durch die Kiemen des Fisches gezogen und mit einem zweiten auch den Schwanz des Tieres gefesselt. Dann wurde der Gefangene ins Wasser