254 161. Der Große Kurfürst auf der I)irfcbjagd. Von Georg I)iltl. Preußische Königsgeschichten. Bielefeld und Leipzig 1875. 8. 47. Gekürzt. m Zwielichte des Morgens glänzte der breite See, der, von hohen Tannen und Föhren umkränzt, sich inmitten des Grunewalder Grundes ausdehnte. Die Sonne kämpfte den Nebel nieder, die Aussicht wurde freier, und die ersten Strahlen der Morgensonne beleuchteten die Mauern, Türmchen und Giebel des altertümlichen kurfürstlichen Jagdschlosses Grunewald. Im Hofe desselben beginnt es lebhaft zu werden; Hundegebell, Rufen von Stimmen, Pferdegetrappel erschallt, und schmetternder Hornruf gibt das Signal zum Aufbruch zur Jagd. Das Haupttor öffnet sich, und heraus reitet zunächst ein Troß von Knechten in grünen Wämsern. Sie tragen starke Saufedern, blatt¬ artig geformte Spieße, die zum Abfangen des Ebers dienen. Ihnen folgt eine Jagdgesellschaft von zwölf Personen. Die meisten Ritter tragen reiche Kleidung, sie erscheinen vornehmer als der, der in ihrer Mitte reitet. Er trägt ein graues Wams mit Hornknöpfen, an den Beinen enganliegende hohe Stiefel aus Rindsleder, auf dem Haupte einen runden, schwarzen Filzhut mit schmaler Krempe. Seine breite Gestalt zeugt von Kraft, das Antlitz mit der stark gebogenen Nase und die blitzenden Augen verraten Hoheit, Würde und Entschlossenheit. Dieser Reiter im einfachen Jagdkleide ist Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst von Brandenburg, seine Begleiter sind Edelleute des kurfürstlichen Hofes. In langen Zügen begannen die Reiter die erfrischende Morgenluft einzusaugen, die Pferde wieherten, die Hunde kläfften und ließen sich nur mühsam von den Jagdknechten an den langen Stricken halten, mit denen sie gekoppelt waren. Bald war der Zug auf einem großen, freien Platze angekommen, die Hunde wurden losgekoppelt und stürzten sogleich in den Wabd hinein. „Jetzt nach — flink!" rief der Kurfürst, dessen Antlitz vor Vergnügen strahlte. Die Gesellschaft teilte sich in drei Gruppen, während die eine nach links, die andere nach rechts im Bogen abschwenkte, ritt der Kurfürst mit wenigen Begleitern geradeaus. So hoffte man den Hirsch einzutreiben-, der am gestrigen Abend von den Jagdknechten auf¬ gespürt war. „Da ist die Hundekehle, der See blitzt schon durch die Tannen!" rief jetzt der Kurfürst. Bald hielten die Reiter auf dem Keinen Höhenzuge, der den See umgibt. „Noch haben sie den Burschen nicht," sagte Friedrich Wilhelm, nach dem jenseitigen Ufer blickend, halblaut vor sich