370 Abend lande den ersten Anstoß zu einer eigentümlichen Kultur gegeben, die im Laufe der Jahrhunderte einen imnrer glänzenderen Aufschwung nehmen sollte. Denn nun wurden durch ganz Griechenland Maulbeergärten und Seidenmanusakturen angelegt. Neben der Hauptstadt selbst blühten Athen, Theben und Korinth durch großartige Webereien, und die alte Halbinsel des Pelops soll sogar ihren neueren Namen (Morea) von jenen Maul¬ beerpflanzungen erhalten haben. Aber auch außerhalb Griechenlands verbreitete sich allmählich die Seidenzucht, namentlich nach Sizilien. Die Anstalt von Palermo ward das Muster für Oberitalien, wo bald Verona den ersten Rang einnahm, für Spanien, Portugal und die Niederlande. Dessenungeachtet waren noch im sechzehnten Jahrhundert die Seidenzeuge so teuer, daß Jakob I. von Schottland ein Paar seidene Strümpfe von dem reichen Grafen Mar entlehnen mußte, um sich dem englischen Gesandten würdig vorzustellen, und Markgraf Johann bon Brandenburg rief seinem Rate Bertold von Mandelsloh, als dieser wochentags in seidenen Strümpfen vor ihm erschien, verweisend entgegen: „Ei, ei, Bertold! Ich habe auch derlei Strümpfe, aber ich trage sie nur Sonn¬ tags!" Jetzt ist die Seide ein Schmuck, der auch Ärmeren nicht mehr ganz unzugänglich bleibt. 2. Oie kleinsten Lustlekisser. von Julius stindc. Auerbachs deutscher Kinderkalender. 17. Jahrg. Leipzig 1899. 8. 73. Unsere Lnftschiffer sind die jungen Spinnen; ihre Eltern sind die Luchsspinne, die Kreuzspinne und die Weberspinne. Ungern verläßt jemand seine Heimat. Auch die jungen Spinnen gehorchen nicht dem eigenen Triebe, sondern der Not, wenn sie sich auf die Wanderschaft begeben. Die Spinnenmutter sorgt für ihre Brut, bis sie sich selbst zu ernähren vermag. Mit kluger Überlegung befestigt sie das viele Eierchen enthaltende Beutelchen an einem sicheren Orte, dessen feuchte Beschaffenheit der reichlichen Entwicklung von allerlei geflügeltem kleinen Getier günstig ist. Dies soll den jungen Spinnen zur Nahrung dienen, sobald sie die erste Häutung überstanden haben und fähig sind, sich selbst ein Nest zu bauen. Tritt jedoch Kälte ein, erstirbt das üppige Jnsektenleben in den Niederungen, an den Rändern der Büche und Teiche, dann hält die junge Spinne es für geraten, die Stätte ihrer frühesten Kindheit zu verlassen und in die Welt hinauszuziehen, nach anderen Gegenden, wo es trocken ist und sie zu überwintern vermag; denn Nüsse und Kälte würden ihr während des Winters zum Verderben gereichen. Fühlt die Spinne, daß die Wanderzeit gekommen ist, so erwartet sie den ersten heiteren Tag, um sich auf und davon zu machen; denn der Sonnenschein ist ihr zu diesem Vorhaben unumgänglich notwendig. Daher