— — 397 erkannt, welche die der ersten Eiszeit durchkreuzen. Diese neue Vergletscherung ertötete alles Leben in ihrem Bereich und lagerte von neuem eine Moränenschicht von bedeutender Stärke ab. Endlich wich auch diese Eisdecke wieder den Strahlen einer wärmeren Sonne, und die Gletscher verschwanden für immer aus unserm Vaterlande. 8. Die zweite Eiszeit hat noch in ganz besonderer Weise die Kunde von ihrem Dasein der Nachwelt übermittelt. Sie grub durch ihre Schmelzwasser drei breite und tiefe Talzüge in den lockern Boden der ostdeutschen Tiefebene, die von Osten nach Westen verlaufen und dem Tale der unteren Elbe zustreben. Drei Riesenströme wälzten darin ihre Wassermassen zur Nordsee. Erst später, als die Gletscher längst verschwunden waren, bahnten sich zwei von ihnen, die Oder und die Weichsel, dem Abfall des Landes folgend, ihren Weg in die Ostsee. Teilweise hat sich daher das Wasser aus diesen ehemaligen Flußbetten ganz zurückgezogen. Wo nicht die Hand des Menschen es ihnen bei der Anlage von Kanälen auf künstliche Weise wieder zuführte, erinnert daher nur noch die Feuchtigkeit und Fruchtbarkeit des Bodens an den Wasserreichtum vergangener Jahr— tausende. Selbst die Flüsse, die in ihnen hier und da dem Meere zustreben, lassen die Größe und Gewalt der früheren Wasserläufe kaum noch ahnen. Auch unsre Seen und tiefen Pfühle sind ein Erbteil der Eis— zeit. Sie entstanden in Einsenkungen des Bodens, in großen Gletscher— töpfen und in besonders breiten Rinnen der Gletscherabflüsse. In der westdeutschen Tiefebene sind sie schon zum größten Teil aus— getorft; im Osten aber bilden sie noch einen herrlichen Schmuck der Landschaft. Der baltische Höhenzug ist so reich daran, daß man auf ihm vier verschiedene Seenplatten unterscheidet. 9. Mit dem Ende der zweiten Eiszeit erhielt das norddeutsche Flachland endlich auch sein heutiges Klima—. Westeuropa schmolz durch das Absinken großer Landschollen zu seinem jetzigen Umfange zusammen. Die Seewinde konnten daher mehr als bisher hinein— gelangen. Die Steppe verschwand, und an ihre Stelle trat der Urwald, wie er uns in den ältesten Überlieferungen der Sage und Geschichte geschildert wird. Er war von Tieren belebt, die sich zum Teil bis in die Jetztzeit erhalten haben. So hausten in seinem Dunkel Wisent156, Elch 157, Urlss, Bär und Riesenhirsch. Im Laufe der Zeit lichtete ihn die Axt unsrer Vorfahren und schuf ihn zu Ackerland um, das heute in Norddeutschland überwiegt und Millionen ernährt. Damit war der Grund zu unsrer heutigen Kultur gelegt. Heinrich Heinze. (Originalartikel.)