201 und ab. Ich stieg aus dem Bett und kleidete mich an, und indem glaubte ich auch den Schritt zu kennen. Als ich bald daraus aus der Tür trat, stand Ehrenfried vor mir. Sein Gesicht war blast, aber freundlich. Er streckte mir schweigend seine Hand entgegen und hustete ein paarmal, als ob er sprechen wollte. „Es hat nicht sein sollen, Meta," sagte er endlich, „wir wollen's dem lieben Gott anheimstellen." Dann drückte er mir noch einmal die Hand, nickte mir zu und ging die Treppe hinab an sein Geschäft. — Noch an demselben Tage schrieb ich meinem Bruder. — — Zwischen mir und Ehrenfried ist dann von diesen Dingen nicht mehr die Rede gewesen, wir lebten wieder still nebeneinander fort, und allmählich war es zwischen uns fast, wie es sonst gewesen; auch das Du gebrauchten wir nicht mehr, wenn wir, was selten geschah, einmal zusammen sprachen. Aber in den Garten hinter dem Speicher bin ich seitdem nicht gern gegangen, und wir haben uns auch niemals wieder dort getroffen. — Die Jahre vergingen, wir wurden alt, und die Stadt um uns wurde immer fremder." 7. Die Erzählerin schwieg. „Ich dächte," hob der Lehrer an, indem er fast mit einer ehrfürchtigen Scheu auf seine Freundin blickte, „Ihr Herr Bruder sei ein Mann in auskömmlichen Verhältnissen, so ist er wenig¬ stens in der Leute Mund." „Er ist es geworden, Herr Lehrer, — später, und er hat mir das Darlehn auch bei Heller und Pfennig und mit allen Zinsen zurückgezahlt; aber es war kurz vor Ehrenfrieds Tode und schon in seiner letzten Krank¬ heit. -Ja, was ich sagen wollte, ein paar Tage vor seinem Ende, des Ehrenfried, meine ich, war viel Besuch in seiner Kammer; die Ge¬ richtspersonen waren dort gewesen, und auch unsern Nachbar, den Gold¬ schmied, hatte ich am Morgen herauskommen sehen. Als ich nachnlittags die Mirtur hineinbrachte, bat Ehrenfried, mich neben seinem Bette nieder¬ zusetzen. „Meta," sagte er, denn ich hatte ihm das vorhin erzählt, „das Geld wäre nun wohl wieder beisammen, aber das Leben ist indessen alle geworden. — Da hab' ich nun, als ich so dagelegen, bei mir gedacht, es müßte doch schön sein, wenn einer, wo es just die rechte Zeit wäre, so einmal aus dem Vollen leben könnte und ohne Kümmernis. Uns ist es so gut nicht geworden und unsern Eltern auch nicht; mir ist, als hätten wir alle nur ein Stückwerk vom Leben gehabt. Und weiter hab' ich mir gedacht, wenn unser Kapital zusammen käme!"-Und als ich das abwehren wollte, richtete er sich ungeduldig in seinen wissen aus. „Nein, nein, Mamsell Meta," sagte er, „reden Sie mir nicht dazwischen!" — Und dann duzte er mich wieder und legte seine magre Hand auf meinen Arm. „Es ist ja nicht um dich, Meta, aber dein Bruder Christian hat einen Sohn; ich weist, er hat ihn tüchtig angehalten, und er wird einmal dein Erbe sein. Vielleicht, um was sich viele gemüht haben, dast es nun