Die alten Deutschen. 249 den Angeschuldigten, so wurden die Mitglieder seiner Ge— nossenschaft berufen, um für oder wider ihn Zeugniß abzulegen. Diese hatten auch unter einander gewisse Rechte. Jeder Freie konnte nur von Freien gerichtet werden; alle Freien durften an den Gerichten Theil nehmen. Die Gerichtshöfe bestanden aus ihnen und aus den im Gauding ernannten Vorsitzern. Niemand wurde ohne Urtheil und Spruch bestraft. Die Germanen unterschieden von jeher zweierlei Arten von Verbrechen, die gegen die Gemeinschaft (den Staat) begangenen, welche mit dem Tode bestraft wurden, und die Fevel gegen das Leben, Eigenthum oder die Ehre des Ein— zelnen, welche nur mit Geld gesühnt wurden. Für jedes Vergehen war die Geldstrafe genau bestimmt. Die Buße für den Todschlag, Wehrgeld genannt, war verschieden nach dem Stande des Erschlagenen. Je höher der Stand, desto höher die Geldstrafe. Die Buße für ein an der Ehre oder dem Eigenthum begangenes Verbrechen hieß Widrigeld. Jeder Freie hatte indessen das Recht die angebotene Buße zurückzuweisen, und sich selbst mit den Waffen zu rächen. Mit der Annahme der Sühne verzichtete er aber auf das Recht der Fehde. Wer sich weigerte, die Buße zu bezahlen, wurde alles Rechtschutzes verlustig, und verfiel der Rache dessen, dem er geschadet. Jede Genossenschaft haftete aber für das Betragen ihrer Mitglieder, und mußte da— her nöthigen Falls zur Buüße beitragen, so wie sie auch an der Entschädigung, die einem Mitgliede gezahlt ward, Theil hatte. Jeder freie Mann, aber auch nur der freie, war bei den Deutschen waffenfähig. Daher der Name Germanen, Wehrmänner oder Kriegesmannen. (Mit der ersten Sylbe Ger ist verwandt das deutsche Wehr, das französische Guerre und das englische War) Das Kriegeswesen beruhte auf zwei durchaus verschiedenen Einrichtungen, dem Heerbann und der Gefolgschaft. Der Heerbann (Bann soviel als Gebot oder Aufgebot), auch Landwehr genannt, bestand aus sämmtlichen freien und wehrfähigen Männern des Volkes, und wurde in allen vaterländischen Kriegen berufen, auf— geboten. Er fämpfte unter den Fahnen der Nationalgott— heit, die man in den h. Hainen aufbewahrte. Frauen mit ben Kindern, die keinen Sold erhielten, und nie lange im