84» einer städtischen Ordnung und Satzung empfunden, welche das gebührende Mast rer Rechte und Pflichten für jeden festsetzt. In dieser Hinsicht konnte nichts durchgreifender wirken, als die unter dem Einflüsse der classischen Juristen Papinian, Ulpian u. s. w. im Jahre 212 erschienene constilutio Antoniniana, welche alle bisher stattgefundcnen nach Land und Volk, nach Rang und Stand bemessenen Unterschiede des Rechtes aufhebt und allen freigebornen Unterthanen des römischen Reiches den unschätzbaren Vorzug absoluter Gleichheit vor dem Gesetz gewährt. Erst jetzt sind die Mainzer römische Vollbürger, und als ihre rechtsbefugte Gesammtheit sehen wir eine eigentliche civitas Moguntiaccnsium zum Vorschein kommen, von einer oivitas Vangionum, Mattiacorum, Taunensium um¬ geben. Nun entsteht im Jahr 217 ein neues auf Säulen ruhendes Archiv- und Registraturgebäude (tadularia pensilis), nun ist die Stadt in Quartiere getheilt, und das freie Associationsrccht ruft einen Verein der jüngeren Bürger in dem Apollinen- sischen Quartier (Collegium juventutis viel Apolliuensis) im Jahre 220 ins Leben, der seinen eigne» Schutzgeist verehrt. Aber dem ferneren Fortschritt treten die schweren Geschicke entgegen, welche vor: jetzt an mit zunehmender Gewalt über den Gränzmarken des römischen Reiches sich entladen. Der treffliche Alexander Severus, unter dem auf der einen Seite zuerst die Stadt Alzei (Divis Nymphis vicani Altiajenses aram posucrunt im Jahre 223}, auf der andern das römische Eastell auf dem Breuberg hervortritt, und welchem wahrscheinlich die unter dem Namen der Peutingerschen Tafel in Wien vorhandene große Post- und Reisekarte des römischen Reiches ihren Ursprung verdankt, wird 235 zu Sicila (wahr¬ scheinlich Bretzenheim} bei Mainz, das Opfer eines meuterischen Ueberfalles. Sein Nachfolger Maximins zieht bei Mainz über eine Schiffbrücke, und noch bezeugt der bei Kleestadt im Jahr 235 errichtete Meilenzeiger den Weg, den er von Mainz über Dieburg nach Obernburg zurücklegte, ein thracischer Viehhirk von unermeßlicher Bru¬ talität, der von der Welt durch die Titel Eyklops, Busiris, Phalaris ausgezeichnet, ihr beweise» sollte, wohin eö führt, wen» ohne sichere Successionsordnung jeder Bauer und Barbar zum Besitz des Thrones gelangen kann. Ein tüchtiger Kriegsmann, der nachmalige Kaiser Aurelian, schützte sofort die Ufer des Rheins und schlug die in Gallien plündernden Horden der Germanen, die hier zum erstenmal mit dem Namen Franken bezeichnet werden, in einer Schlacht bei Mainz, also daß der Soldatenwitz ihm den Beinamen gab Handamschwert (mann all fernun} und ihm zu Ehren den Singsang ertönen ließ : Mille Francoä, mille Sarmatas semel et Bernd occidimus, Mille, mille, mille, mille, mille Persas quaerimus. Abgerufen vom Rhein im Jahr 250 erhielt er de» Postumus zum Nachfolger mit dem Titel eines Galliae Praeses et Dux transrlienani limitis, aber dieser Postumus nahm 258 selbst den Kaisertitel an und wurde nach Uebcrwältigung eines in Mainz erhobenen Gegenkaisers Aelianus 267 von seinen eignen Truppen erschlagen, weil er Mainz nicht ihrer Plünderung überlassen wollte. Nachdem noch zwei andere Usurpatoren des Kaisertitels Victorius und der Schwertfcger Mai ins schnell hinter einander 207 gestürzt waren, blieb eine Frau übrig auf dem galloromanischen Kaiserthro», deren Bild wir »och auf ihren in Trier und Mainz geschlagenen Münzen bewundern, eine prachtvoll stattliche Figur mit der Umschrift Vietorrna Augusta, Imperator (nicht Imporatrix}, mater eastrorum, die Zenobia des Occidents. Aber seitdem mehr und mehr die Umwallung des decumatischen Gebietes auf dem rechten Rhcinufer von den siegenden Alemannen durchbrochen wurde, welche wahrscheinlich damals auch das bei den Römern lange beliebt gewesene Sinonabav zu Nierstein vernichteten, ist Mainz im Sinken begriffen und findet keinen Ersatz darin, daß Proöus 281 die ersten Reben am Rhein Pflanzt. Vergebens bittet die eivitas Moguntiacensium auf einem 292 errichteten Votivaltar Jupiter und Juno, Minerva und alle Gottheiten des Reiches um Segen für Diocletianns und feine Mitregenten; gerade das seitdem befolgte