— 9 — Lagerstätte. Beständig ging er mit bloßen Füßen, selbst in strengster Winterkälte. So lebte er in tiefster De¬ muth, in vollkommener und freiwilliger Armuth; war aber reich an himmlischen Gnaden und stand in hohem Rufe der Heiligkeit bei Allen, die seinen Namen kann¬ ten. Könige und Fürsten suchten seinen Rath und ver¬ langten aus seinem Munde die Lehren der wahren Weisheit zu vernehmen. Unter den Häuptern der verschiedenen Völkerstäm^ me, welche Severin alö einen Heiligen ehrten, be¬ fand sich auch Odoaker, der Anführer der Heruler. Er war gerade auf seinem Zuge nach Italien begriffen und wollte an der friedlichen Klause des ehrwürdigen Greisen nicht vorübergehen. Der Heilige mit silber¬ weißem Haare und langem Barte, der bis zum Gürtel herabreichte, kniete eben in seiner Zelle, die so niedrig war, daß der schlanke Heruler nicht einmal aufrecht in derselben stehen konnte. Odoaker war, wie alle seines Volkes noch in armselige Thierfelle gehüllt; aber Severin sagte ihm:- „Gehe hin nach Italien, jetzt noch mit abgenutzten Fellen bedeckt, bald aber im Stande, Vielen gar Vieles zu schenken." Und was der Heilige vorhergesagt hatte, ging pünktlich in Erfüllung. Odo¬ aker zog nach Italien, wurde Anführer der Heruler, Rugier und anderer deutschen Völker, welche im römischen Heere um Sold dienten, und allein noch im Stande waren, in dieser unruhigen Zeit die römische Herrschaft vor dem Untergange zu bewahren. Sie verlangten für die seit langer Zeit treu geleisteten Dienste Ländereien in Italien. Die Römer wollten ihnen dieselben nicht geben, da ergriffen sie unter OdoakerS Anführung die 1 * *