1 Staat leitete, mit größter Selbstverleugnung, aber selbstwillig, das Größte erstrebend und auch das Kleinste beherrschend, sind zum Teil durch höhere Bildungen der Gegenwart überwunden worden, sie entsprachen der Ein— sicht, welche seine Jugend und die Erfahrungen des ersten Mannesalters ihm gegeben hatten. Frei sollte der Geist sein, jeder denken, was er wollte, aber thun, was seine Bürgerpflicht war. Wie er selbst sein Behagen und seine Ausgaben dem Wohle des Staates unterordnete, mit etwa 600000 Mark den ganzen königlichen Haushalt bestritt, zuerst an den Vorteil des Volkes und zuletzt an sich dachte, so sollten alle seine Unterthanen bereitwillig das tragen, was er ihnen an Pflicht und Last auflegte. Jeder sollte in dem Kreise bleiben, in den ihn Geburt und Erziehung gesetzt: der Edel— mann sollte Gutsherr und Offizier sein, dem Bürger gehörte die Stadt, Handel, Industrie, Lehre und Erfindung, dem Bauer der Acker und die Dienste. Aber in seinem Stande sollte jeder gedeihen und sich wohl fühlen. Gleiches, strenges, schnelles Recht für jeden, keine Begünstigung des Vornehmen und Reichen, in zweifelhaftem Falle lieber des kleinen Mannes. Die Zahl der thätigen Menschen vermehren, jede Thätigkeit so lohnend wie möglich machen und so hoch wie möglich steigern, so wenig wie möglich vom Auslande kaufen, alles selbst produzieren, den Überschuß über die Grenzen fahren, das war der Hauptgrundsatz seiner Staats— wirtschaft. Unablässig war er bemüht, die Morgenzahl des Ackerbodens zu vergrößern, neue Stellen für Ansiedler zu schaffen. Sümpfe wurden ausgetrocknet, Seen abgezapft, Deiche aufgeworfen. Kanäle wurden gegraben, Vorschüsse bei Anlagen neuer Fabriken gemacht, Städte und Doͤrfer auf Antrieb und mit Geldmitteln der Regierung massiver und gesunder wieder aufgebaut; die Feuersocietät, die königliche Bank wurden gegründet, überall wurden Volksschulen gestiftet, unterrichtete Leute an— gezogen, überall Bildung und Ordnung des regierenden Beamtenstandes durch Prüfungen und strenge Aufsicht gefördert. Es ist Sache des Ge— schichtsschreibers, das aufzuzählen und zu rühmen, auch einzelne verfehlte Versuche des Königs hervorzuheben, die bei dem Bestreben, alles selbst zu leiten, nicht ausbleiben konnten. Für alle seine Länder sorgte der König, nicht zuletzt für sein Schmerzenskind, das neu erworbene Schlesien. Als der König die große Landschaft eroberte, hatte sie wenig mehr als eine Million Einwohner. Lebhaft wurde dort der Gegensatz empfunden, der zwischen der bequemen osterreichischen Wirtschaft und dem knappen, rastlosen, alles aufregenden Regiment der Preußen war. In Wien war das Verzeichnis verbotener Bücher größer gewesen als zu Rom, jetzt kamen unaufhörlich die Bücher— ballen aus Deutschland in die Provinz gewandert, das Lesen und Kaufen war zum Verwundern frei, sogar die gedruckten Angriffe auf den eigenen Landesherrn. In Osterreich war es Privilegium der Vornehmen, aus— ländisches Tuch zu tragen; als in Preußen der Vater Friedrichs des Großen die Einfuhr von fremdem Tuch verboten hatte, kleidete er zuerst sich und seine Prinzen in Landtuch. In Wien hatte kein Amt für 235