366 — und Dünnebier, das, zweimal in der Woche gebraut, das Quartier 5 Pfg. kostete. Um nun den Bürger beim Einkauf von halben Quartieren nicht zu kürzen, ließ die Regierung Zweieinhalbpfennige schlagen. Zur Konfirmationszeit sah man die Bürgersöhne mit langschößigem schwarzem Frack, Cylinder („Steinpott“) und einer Orange im Knopfloch würdevoll zur Kirche schreiten, was den kleinen 14jährigen Kerlchen ein urkomisches Aussehen verlieh. Die hohen Hüte wurden von der jungen Welt nur für den einen Tag benutzt und waren meist für des Vaters Kopf bemessen; es mußten deshalb die Ohren Wache siehen, daß sie den jugendlichen Trägern nicht über das Gesicht bis auf die Schulter sanken. Auch die Geschäftsführung war eine höchst einfache, schlicht und recht. Ein Anpreisen seiner Ware hielt man für nicht wohlanständig — jede Anpreisung für Schwindel uud überflüssige Großthuerei. Ein Bäckermeister an der Langenstraße, von guten langjährigen Kunden gebeten, des Morgens das Weißbrot umher zu schicken, antwortete ver— letzt: „Wat mick nich ut en Huse ehalt ward, mag drinne bliwen, tau saune Nümodigkeiten hew wi keine Tid.“ — Jeder Neuerung begegnete man mit Mißtrauen und erschwerte ihr die Einbürgerung innerhalb der ehrwürdigen Stadtmauern. Die „Thorsperre“ ließ abends, wenn die Tamboure von den Höhen des Anatomie- und Rosenberges herab mit lauten Trommelschlägen: „Buren herut, Börger herin“ verkündeten, die großen eisernen Thorflügel, die die sieben Thore der Stadt abgrenzten, ins Schloß fallen, und jeder später Einlaß Begehrende mußte einen „Ein— gangszoll“ von einigen Pfennigen entrichten. Jetzt hat sich unser liebes altes Braunschweig zur Großstadt auf⸗ geschwungen. Möge aber der alte gute Kern, der den Alt-Braunschwei— gern nachgerühmt wurde, in den großstädtischen Neu-Braunschweigern fortleben. Braunschweiger Art hat nicht Schmeichelworte, doch hat sie Kopf und Herz am rechten Orte, in rauher Schale birgt sie guten Kern. Nach der „Braunschw. Landeszeitung.“ 10. Die erste Dampfwagenfahrt auf der braunsehweigischen PEisonbahn. Frũüher herrsehte auf den breiten, sorgsam gebauten Heerstrassen, dureh die unser Land weit und breit berühmt ist, ein viel regeres Leben und Treiben als heute. Da zog der Handwerksbursche, sein Felleison auf dem Rücken, oft mit andern Genossen vereint, von Ort zu zu Ort; Landleute brachton in Kiepen und Körben, auf Karren und Wagen die Erzeugnisse ihrer Landwirtschaft zu Markte; Reiter auf hohen Rossen ritten daher, in den Postkutschen fuhren die Reisenden von Stadt zu Stadt, und jedermann kannte den Postillon und seinen Hörnerklang. Vor allen aber waren es die bochbeladenen Pracht- wagen, die oft in langen Zügen Warenballen, Tonnen, Kisten, und Kasten von fern her den Handelsstädten zuführten. Weithin schim—