140 Heiden zu lehren. Auch Frauen hatten sich versammelt, mehrere ihm blutsverwandt, die meisten geschleiert. Inmitten der gebeugten Schar ragte hochaufgerichtet Winfried. Freundlich strahlte sein Auge, als er von einem zum anderen schritt, leise Worte der Lehre und des Trostes spendend. Als er bei dem Haufen der Frauen auch Walburg begrüßte, zog sie mit der Hand ihren Knaben her¬ vor, warf sich zu seinen Füßen und flehte: „Meinen Sohn, den jungen Gottfried, bringe ich dem Herrn! Lege noch deine Hand auf ihn, Vater, damit sein Leben gesegnet sei!" Winfried lächelte, als er den stattlichen Knaben betrachtete, und seine Hand berührte das lichte Haar. Dann nahm er den Knaben, führte ihn zu einem Vertrauten, dem Abte Sturmi von Fulda, und wandte sich nach der Thüre. Alle Anwesenden sanken auf die Knie, und segnend schritt er zum Ausgange. Da fiel sein Blick auf die hohe Gestalt Jngrams, der in seinem Kriegskleide nahe der Schwelle kniete. Er hielt mn und sprach feierlich: „Dich, Ingram, lade ich heut' zu mir! Willst du noch einmal der Führer meiner Reise sein?" „Ich will, Herr!" antwortete Ingram aufstehend mit leuch¬ tendem Blicke. „So nimm Abschied von Weib und Kind, denn du sollst für den Herrn unter Schilde gehen!" Unten im Hause wogte das Volk wie Wellen des Meeres. Da der Erzbischof heraustrat, fiel alles auf die Knie, und die Arme aufhebend, ging er langsam hindurch zum Schiffe. Dort wandte er sich noch einrnal, grüßte und segnete und lachte freund¬ lich den Kindern zu, welche von den weinenden Müttern auf¬ gehoben wurden, damit sie den Mann Gottes schauten. Ingram aber hielt seine Frau, welche stolz ohne Thränen neben ihm schritt, die Augen fest auf ihn gerichtet, und mit der anderen Hand hielt er die Hände seiner drei Söhne. Und als er sich am Ufer von den Seinen löste, faßte er die Schwurhand seines ältesten Sohnes, legte die Hand des Wolfram hinein und sprach zu diesem: „Sei du ihni treu, wie du dem Vater warst!" Die Schiffer lösten die Seile, und rheinabwärts schwebte das Schiff,' am Ufer lag das Volk auf den Knieen und sah dem Fahr¬ zeuge nach, bis es hinter einer Biegung des Stromes verschwand. Es war eine sonnige Fahrt, gleich einer langen Festreise. Wo eine Kapelle stand auf beu Höhen oder ein Kirchlein nuten am Strome, da drängten sich die Leute und läuteten die Glocken, wenn das Schiff kam und abfuhr. Jeden Abend legten die Reisenden an, wo fromme Christen wohnten. Herr Winfried