67 nach der geringsten Angabe 300,000 Mann stark war. Welch eine schreck¬ liche Aussicht bei der Minderzahl und der körperlichen Ermattung der Christen! Deshalb wandten sich alle Gedanken zum Himmel, und der Bischof von Würzburg ermahnte die Versammelten, sie sollten Hoffnung und Vertrauen nicht schwinden lassen und an das tröstliche Beispiel der heiligen Märtyrer gedenken; dann werde Gottes Geist und Hilfe ihnen nahe sein. Auch Friedrich sprach mit der Kraft und Festigkeit, welche ihn nie verließ; er erinnerte sie daran, daß nur der Tapfere auf Rettung hoffen könne, jeder aber, der die Gefahr fliehe, darin umkommen müffe. Da stimmten alle einmütig den deutschen Kriegsgesang an und kehrten, jedes Leiden vergessend, in ihre Zelte zu einer nur kärglichen Mahlzeit zurück. Mit dem Anbruche des Tages verteilten die Bischöfe den Leib des Herrn, und schnell trat dann das Heer in Schlachtordnung. Der feindliche Feldherr und Schwiegersohn des Sultans, Melech, wollte sogleich angreifen; aber einer seiner angesehensten Ratgeber brachte den Arm eines Türken in die Versammlung, welcher trotz des starken Harnisches von einem Pilger abgehauen war, und sprach: „Herr, mit Männern, welche so großen Mut und so gewaltige Waffen haben, ist nicht gut in der Nähe kämpfen; wir werden eher durch Zögern, Aus¬ hungern, Beunruhigen ihrer Meister werden als durch eine offene Schlacht." Viele stimmten dieser Ansicht bei; aber Melech vertraute der Überzahl seiner Truppen und drang auf eine schnelle Entscheidung. Sie ward ihm bald zuteil; denn mit solcher Gewalt durchbrachen die Christen alle Reihen der Türken, daß 10,000 von diesen auf dem Platze blieben, die übrigen nach Ikonium stohen, und Melech selbst, dessen Pferd gestürzt war, kaum sein Leben rettete. Aber so großen Ruhm dieser Sieg auch den Pilgern brachte, so wenig wurde dadurch ihre äußere Lage gebessert; denn als beim Einbrüche der Nacht kein Feind mehr zu sehen war, und alle sich wieder um ihre Feld¬ zeichen gesammelt hatten, befanden sie sich in einer öden, wasserlosen Ge¬ gend; Lebensmittel fehlten gänzlich, und den entsetzlichen Durst löschten manche mit dem Blute getöteter Pferde oder nagten die ausgerissenen Rasenschollen. Erst am folgenden Tage erreichte man eine sumpfige Stelle und fand schlechtes Wasser und Gras für die Pferde. Ohne Salz und Gewürz gekochtes Esels- und Pferdefleisch galt für eine schätzbare Labung, und weil es durchaus an Holz fehlte, so machte man Feuer von Sätteln und alten Kleidern. , Über alle diese Umstände wohl unterrichtet, erschien Melech und sprach zum Kaiser: „Wenn ihr 300 Zentner Geldes oder für jeden Kreuzfahrer ein Goldstück bezahlt, so sollt ihr Frieden haben und Lebens¬ mittel erhalten." Friedrich aber antwortete: „Es ist nicht Sitte in un¬ serem Reiche, noch bei den Kriegern des Kreuzes, sich mit Golde einen Weg zu eröffnen. Mit dem Schwerte werden wir uns Bahn brechen unter dem Beistände unsers Herrn Jesu Christi. Wenn dir aber als Lösung für alle Christen zur Verteilung an alle Türken ein einziger Byzantiner genügt, so will ich Befehl geben ihn dir auszuzählen." Erzürnt sprach der hierauf abreisende Türke: „Wenn ich in der Nacht nicht zurück¬ kehre, so erwartet um die dritte Stunde den Angriff des ganzen Heeres!" 5*