— 134 572 ** Heereszug gegen unser Vaterland ersonnen und ins Werk gesetzt worden sei, und an die Nachbarschaft der Hauptstadt, in der unter dem Drucke fremder Gewalt die Verträge geschlossen waren, in deren unmittelbarer Folge das Reich zusammenbrach. Und dann verlas er die Adresse selbst mit solcher Wärme, solchem Nachdruck, daß allen Hörern die Tränen ins Auge traten. Am tiefsten bewegt war der König. In beständigem Kampfe mit der Rührung, die ihn mehr als einmal übermannte, las er die Antwortrede. Am Schlusse sagte er: „Es wird Ihnen wie mir zur Genugtuung gereichen, daß ich durch Seine Majestät den König von Bayern die Nachricht erhalten habe, daß das Einverständnis aller deutschen Fürsten und Freien Städte gesichert ist und dessen amtliche Kundgebung bevorsteht.“ 3. Am 14. Januar 1871 richtete der König ein Schreiben an die deutschen Fürsten und Städte, in dem er sagte: „Ich nehme die deutsche Kaiserkrone an, nicht im Sinne der Machtansprüche, für deren Verwirklichung in den ruhmvollsten Zeiten unserer Geschichte die Macht Deutschlands zum Schaden seiner inneren Entwicklung eingesetzt wurde, sondern mit dem festen Vorsatze, soweit Gott Gnade gibt, als deutscher Fürst der treue Schirmherr aller Rechte zu sein und das Schwert Deutschlands zu dessen Schutze zu führen.“ 4. So kam der 18. Januar, der Tag der Kaiserfeier, heran, die in dem prachtvollen Spiegelsaale des Palastes von Versailles vor sich ging. Sie fand statt als ein Gottesdienst, bei dem eine Versammlung von fünf- bis sechshundert Offizieren sich um den König, die Fürsten und die Prinzen scharte, als eine andächtige große Gemeinde. Der Gottesdienst begann mit dem Gesange des 66. Psalms („Jauchzet Gott, alle Lande!“), den der König selbst für die Feier ausgewählt hatte. Der Soldaten⸗Sängerchor trug ihn mit Kraft und Wohllaut vor; ihm folgte der gemeinsame Gesang des Chorals: „Sei Lob und Ehr' dem höchsten Gut.“ 5. Während des Gesanges stand der König, den Helm in der Linken, in dem Halbrund gegenüber dem Altar, rechts der Kronprinz, links Graf Bismarck, hinter ihm die Fürsten und Prinzen. Die Blicke hatte er zu Boden gesenkt und schlug sie auch während der ganzen folgenden Predigt nicht auf. Der Weihepredigt!) folgte ) Sie wurde von dem Divisionspfarrer der 1. Gardedivision, dem Hof⸗ prediger Bernhard Rogge, gehalten.