Als Kepler diese Beobachtungen erfuhr, ward es ihm klar, daß die Fixsterne ebenso viele Tonnen seien, wahrscheinlich von sDlanetensystemen umgeben, wie die unsrige. Die letzte Schranke des Himmels war durch¬ brochen, die Vorstellung von einer krystallenen Fixsternsphäre für immer verbannt. Es wurde klar, daß das Himmelsgewölbe nicht wirklich, sondern nur scheinbar bestand. Jenes sternenbesäete Gewölbe war verwandelt in eine lVelt der Unendlichkeit, in welcher, durch unermeßliche Räume getrennt, die Sonnen mit ihren Planeten schweben. Kopernikus, Kepler, Newton, — wer diese Namen ausspricht, der nennt die Männer, welche die Entwickelung der heutigen Weltan¬ schauung vor allem begründet haben, welche die Pfadfinder auf dem Wege der neuern astronomischen Erkenntnis gewesen sind. Schon Galilei hatte das Gesetz der Schwerkraft, der Anziehungskraft der Erde, enthüllt. Newton wies nun mit aller mathematischen Strenge nach, daß dieselbe Kraft, welche die Körper auf der Erde schwer macht und welche die Erscheinungen des Falls bestimmt, auch den Mond in seiner Bahn erhält. — Dieser Nachweis leitete ihn hinüber zum letzten erkennbaren Grunde der himmlischen Bewegungserscheinungen überhaupt; Newton erhob ihn zum Grundsätze der allgemeinen Gravitation. Die gleiche Kraft, welche die Körper auf der Erde an diese fesselt und den Mond in seiner Bahn erhält, schreibt, zwischen der Sonne und den Planeten thätig, den letztern ihre Bahnen vor. Alle geheimnisvollen Kräfte, welche bisher die Sterne durch ihre Bahnen führen sollten, lösten sich auf in die eine wohlbekannte Kraft, die irdische Schwere. Allen Erscheinungen innerhalb des Planetensystems vermochte man nun mit der Rechnung zu folgen, die Einrichtungen des Weltgebäudes bis auf die kleinsten Un¬ regelmäßigkeiten zu erklären; ja es ist sogar möglich geworden, im Jahre s8H6 auf Grund der bekannten Gravitationsgesetze einen neuen Planeten, den Neptun, zu entdecken, den bis dahin kein Auge schaute und der erst hernach an dem Orte aufgefunden wurde, den man durch Rechnung bestimmt hatte. Diese Entdeckung des Neptun durch Leverrier ist der größte Triumph der neuern Astronomie, wie sie durch Kopernikus begründet, durch Kepler fortgebildet und durch Newton im wesentlichen vollendet wurde. In ganz anderm Sinne noch als selbst zur Zeit Keplers und Ga¬ lileis reden wir heute von der unendlichen Fülle der himmlischen Körper. Nach Herschels Entdeckung des Uranus im Jahre \7Q7, der sich als erster neuaufgefundener planet den stets gekannten fünf (mit der Erde sechs) zugesellte, hat sich die Anzahl der bekannten Planeten unsers Sonnensystems auf mehrere Hunderte gesteigert. Die verbesserten Fern¬ rohre drangen in die tiefsten Tiefen des Weltraums. Der Nebel der Milchstraße hatte sich schon vor dem Blicke Galileis in unzählbare Sterne aufgelöst; aber es waren neue Nebel am Fimmel erschienen. Großartige Riesenteleskope und Doppelfernrohre haben auch diese wieder