— 466 Dab ein oder mehrere Wölfe bei hellliebtem Tage sich in die Pferdeherde machen, kommt nicht vor; sie vissen recht wohl, daß sie da ohne Rettung verloren wären und von den Pferden dem platten Rasen gleich getreten würden. Bei Nacht und unter beson— dern Umständen, wenn z. B. die MWölfe zahlreich und die Pferde dies nicht sind, geschient es wohl, daß ein Rudel VWölfe mitten unter die Herde gerät, und der Kampf entwickelt sich dann s0 Die zunächst angegriffenen Pferde, welche die Wölfe rochen oder ihre leuchtenden augen auf der Steppe funkeln sahen, spitzen die Ohren, brausen und wiehern und stohen Töne durch die Nüstern, die man dureh die Nacht weithin pfeifen hört. auf den ersten Lärm springen sogleich alle nanen Hengste, Walachen und Stuten — denn bei der Wolfsgefahr macht das Geschlecht keinen Unter- schied, und aller Mut ist gleich — herbei und setzen gerade auf die Wölfe ein. Diese werden dann durch den ersten wütenden Angriff der Pferde erschreckt und ziehen sich leise ein wenig zurück. Indes geht das Geschrei unter den Pferden fort, und die ganze Herde, weit gefehlt, daß gie sich zersprengen sollte, drängt sich im Sturmlauf der gefährlichen Stelle zu. Die Mütter schreien nach ihren Jungen, und diese traben hinter den Alten her, in dicken Haufen Schutz suchend. Fühlen sich die Wölfe an Zahl stark, und peinigt sie der Hunger, so weichen sie nicht völlig, nähern sieh hier und da wieder und erhaschen vielleicht ein Junges, das täp- pisch und schreiend mit der Mutter herbeiläuft, die selber noch nicht wubßte, wo eigentlich die Gefahr drohte. Die Mutter gerät auher sich und springt mitten unter die Wölfe, ihr Kind zu retten. Allein sie verfehlt es. Bald sitzen auch ihr ein paar hungrige Rachen an der Kehble und legen sie in den Rasen. Aber nun fackeln die Pferde auch nicht länger. Sie nehmen ihre Jungen in die Mitte, und die S8tuten mit den Vallachen bilden einen Kreis, der aber nicht so gtarr und mit den Vorderfühen eingewurzelt dasteht, wie ihn unsere Bilderbücher darstellen. Auf diesen Bildern haben es die Wölfe ziemlich bequem. Sie hüten sich vor den Hinterfüßen der Pferde, und das Schlimmste, was ihnen begegnen kann, ist, dab sie sich den Gedanken an Füllenfleisch aus dem Sinn schlagen müssen. In der Wirklichkeit büßen sie ihre Lust gewöhnlich schwerer. Die Pferde getzen scharf auf die Wölfe ein und machen manchen von ihnen das verwünschte Augenleuchten vergehen; denn sie wollen sich nicht blob verteidigen, sondern auch ihren Feind vernichten. Die Hengste bleiben drauben und toben schnaubend, mit wallender Mähne und mit erhobenem Schweife, als wenn jedes Haar eine Schlange wäre, zu- gleich als Feldherren, Fahnenträger und Schlachttrompeter. Wo sie den Wolf im Grase sehleichen sehen, da springen sie, Maul auf Maul, gegen ihn an und schlagen ihn mit den Vorderfüben nieder.