15 durch fein Geschütz zertrümmert, die Mauern zerbrochen sah, erließ den Befehl zum allgemeinen Sturme. In der Nacht sollten die Zubereitungen geschehen. Die Christen sahen weithin an beiden Gestaden unzählige Wachtfeuer lodern und das Meer von vielen Leuchten heranrudernder Schiffe glänzen, ein großes, prachtvolles, aber schreckliches, Unglück weissagendes Schauspiel. Dazu der dumpfe Ton der sich bewegenden und drängenden Heerscharen, das tausendfache Klirren der Waffen und bald, mit dem ersten Morgen- strahl, der laute Donner des Geschützes, das Geprassel hundertfältiger Zerstörungswerkzeuge und das hunderttausendstimmige Schlachtge¬ wühl blutdürstiger Krieger. — Nicht unvorbereitet waren die Grie¬ chen: der wachsame Constantin hatte des Feindes Bewegung er¬ späht. Er ries in der Mitternachtsstnnde seine Verwandten, seine Freunde und die Edelsten der Nation auf die Burg, um seine eigene Todesverachtung durch Feuerworte in ihre Seele zu hauchen. Er beschwor sie bei Nom's heiligem Namen und bei den Erinne¬ rungen, die ihn umschwebten; er mahnte sie, das Urtheil der Welt und Nachwelt zu scheuen, zeigte ihnen, daß dieses die Stunde sei, die über ihr und der Ihrigen Leben, Freiheit und Glück, über des Reiches Fortdauer oder Zerstörung unwiderruflich entscheiden müsse, und was Religion, Pflicht und Ehre von ihnen als Christen, Brüdern und Männern heische. Sie umarmten sich, weinten, schwuren, zu sterben fürs Vaterland, und jeder gieng an seinen Posten mit dem Entschlüsse, des römischen Namens würdig zn bleiben; aber der Kaiser, in dessen Gemüth die Hoffnung erloschen war, die er bei seinen Freunden zn entzünden gesucht hatte, begab sich in den Sophientempel, um das heilige Abendmahl zu empfangen, und von da flog er auf den äußersten Wall, um unter seinen Bürgern bis zum letzten Augenblick die Pflichten des Feldherrn und des gemeinen Kriegers zu erfüllen und dann zu sterben. Schon hatte der ungleiche Kampf begonnen, schon war der Tod umhergegangen unter tausend Gestalten. Land und Meer rötheten sich vom Blut. Doch was kümmerte dies den Sultan? Er hatte Streiter genug, um mit ihren Leichen die tiefen Gräben Constantinopel's auszufüllen und dann erst über sie hin den Weg zum Siege zu betreten. Noch waren, nach zweistündigem Gemetzel, die Griechen von keinem Punkte gewichen; aber ihr Arm fieng an, vom Schlachten müde zu werden, und jetzt führte Mohamed den Kern seiner Truppen, die schrecklichen Janitscharen, frisch in den Sturm. In diesem verhängnisvollen Augenblicke wurde der tapfere und kriegsknndige Justiani, Befehlshaber der kleinen abendländischen Hülfsschar und vom Kaiser zum Oberanführer des ganzen Heeres erhoben, von einem Pfeile verwundet. Gewohnt, dem Tode zu trotzen, konnte er doch dem Schmerz seiner Wunde nicht widerstehen; er floh gegen die Stadt, um sich verbinden zu lassen. Da rief der Kaiser, dessen Blicke überall waren, ihm zu: ^Freund, deine Wunde