4. Und auf das Dach des Hauses, grad' über seinen Saal, worin er schläft und sinnet und sitzt am frohen Mahl, läßt er ein Glöcklein hängen von hellem Silberklang, das läutet, wie er unten nur leise rührt den Strang. 5. Den aber will er rühren (so tut er's kund im Cand), so oft er sich recht glücklich in seinem Sinn empfand; und traun! zu wissen glaubt er's, — da wird kein Tag entfliehn, an dem er nicht mit Rechten das Glöcklein dürfte ziehn. 6. Und Tag' um Tage heben ihr rosig Haupt empor, doch abends, wenn sie's senken, trägt's einen Trauerflor. Oft langt er nach dem Seile, das Auge klar und licht: — da zuckt ihm was durchs Inn're, das Seil berührt er nicht. 7. Einst tritt er voll des Glückes erhörter Freundschaft hin: „Ausläuten,“ ruft er, „will ich's, wie hochbeglückt ich bin!“ Da keucht ein Bot' ins Zimmer, der's minder spricht als weint: „Herr, den du Freund geheißen, verriet dich wie ein — Feind!“ 8. Einst fliegt er voll des Glückes erhörter Lieb' herein: „Mein Glück, mein Glück,“ so ruft er, „muß ausgeläutet sein!“ Da kommt sein blasser Kanzler und murmelt bang und scheu: „Herr, blüht denn auch dem König hienieden keine Treu' d“ 9. Der König mag's verwinden, er hat ja noch sein Cand und einen vollen Säckel und eine mächt'ge Hand; er hat noch grüne Felder, noch Wiesen, voll von Duft, und drauf den Fleiß der Menschen und drüber Gottes Cuft! 10. Zu seinem Fenster tritt er, sieht nieder, sieht hinaus, und Wiege seines Glückes bedünkt ihn jedes Haus. Zum Seil hin eilt er glühend, will ziehn, will läuten — sieh! da stürmt's herein zum Saale, da fällt's vor ihm aufs Knie. U. „Herr König, siehst du drüben den Rauch, den Brand, den Strahl? So rauchen unsre Hütten, so blitzt der Nachbarn Stahl!“ „Ha, freche Räuber!“ donnert der Fürst in wildem Glühn, und statt des Glöckleins muß er sein rächend Eisen ziehn. 12. Schon bleichen seine Haare, vor Dulden wird er schwach, und stets noch schwieg das Glöcklein auf seines Hauses Dach. Und wenn's auch oft wie Freude sich auf die Wang' ihm drängt, er denkt kaum mehr des Glöckleins, das er hinaufgehängt. — 218