9 Kurfürstin. Auf den schnurgeraden Beeten standen, reihenweise sorg⸗ fältig gepflanzt, allerlei Gemüsearten, und in den Treibhäusern wuchsen seltene Blumen, die sonst in der ganzen Mark Brandenburg nicht zu finden waren. Mit Dankbarkeit dachte der Kurfürst an seine Gemahlin, die hier wie überall bemüht war, dem armen unwissenden Volke das Bessere zu zeigen, um es zu größerem Wohlstande zu führen. Darauf kehrte er in das Schloß zurück, um seine Gemahlin zu begrüßen und dann an die Staatsgeschäfte zu gehen. Er fand die Kurfürstin in andächtigem Gebet am Hausaltar knieend. Sie war eine herzlich fromme Frau. Nach ihrer gewöhnlichen Tagesordnung gehörte der Vormittag dem Dienste des Herrn und der Nächstenliebe. Bei dem einfachen Mittagsmahle, das nur die Speisen eines bürgerlichen Tisches aufwies, wurde zwischen den kurfürstlichen Gatten ein Ausflug nach Oranienburg verabredet. Der Ort, etwa zwei Meilen nördlich von Berlin gelegen, war der Lieblingsaufenthalt der Kur— fürstin und hatte nach ihr seinen Namen erhalten. In früherer Zeit befand sich hier das alte Jagdschloß Bötzow. Als einmal Luise Henriette ihren Gemahl hierher begleitete, sah sie von den oberen Fenstern auf die üppig grünenden Wiesen, durch die der blaue Havel— strom in vielen Windungen dahinfloß. Da ward sie lebhaft an ihre Heimat erinnert, wo es so viele wasser- und grasreiche Triften gab. Aber während dort die Bewohner wohlhabende, ja reiche Leute waren, herrschte hier Armut und Elend. Das schmerzte die Kurfürstin ief, und sie bat ihren Gemahl, er möge ihr das Schloß überlassen, da— mit sie hier eine Musterwirtschaft nach holländischer Art anlegen könne. Gern sagte es der Kurfürst ihr zu. Noch in demselben Jahre (1650) ging die Kurfürstin ans Werk. Sie berief Gärtner und Landwirte aus Holland, zog auch geschickte Ansiedler aus anderen Gegenden herbei und sah selbst nach, daß auch alles ordentlich angelegt wurde. Sie selbst entwarf die Zeichnungen, nach denen die Gartenanlagen gemacht wurden, und pflanzte mit eigener Hand die Obstbäume, die sie aus Holland bezogen hatte. Selbst wenn sie mit ihrem Gemahl auf Reisen war, mußte ihr der Verwalter berichten, wie es in Oranienburg ging; sobald sie aber nach Berlin zurückkehrte, war ihr liebster Ausflug nach Oranienburg. Bald nach Tische wurde der kurfürstliche Wagen mit dier Pferden bespannt; denn es kostete nicht wenig Anstrengung, die schwere Karosse auf den sandigen Wegen fortzubringen. Langsam fuhr der Wagen dahin. Die Kurfürstin hatte Zeit, die Gegend genau zu betrachten. Wie sehr hatte sich alles verändert seit dem Jahre 16501 Damals 260