180 — Haben die Jungen auch nicht viel mit auf die Welt gebracht, einen Appetit entwickeln sie, der großartig ist und die Alten vom Tages¬ anbruch bis zum Abend nicht recht zu Atem kommen läßt. Lieber Himmel! Wie müssen die Tierchen arbeiten ums tägliche Brot für sich und ihre Kinder, und wie unermüdlich tun sie es! Vielfach bringen die Vögel wie der Mensch für ihre Kinder eine besondere Diät in Anwendung. Die erste Nahrung, welche die jungen Insekten¬ fresser erhalten, sind weiche Kerbtiere, zarte Räupchen, bei vielen auch Spinnen; erst nach und nach werden härtere, grob zerkleinerte Insekten verfüttert. Doch nicht nur für den Magen ihrer Kinder sorgen viele Vögel; sie sind auch noch in anderer Weise auf ihr Wohlergehen bedacht. Wenn es im Juni die liebe Sonne gar zu gut meint und den jungen Störchen im schattenlosen Neste gar zu sehr aufs Fell brennt, dann bringen ihnen die klugen Alten fleißig Wasser im Schnabel, machen auch ihr Gefieder naß und schütten es über ihre schmorenden Kinder aus. Raubvögel, denen am Horste aufgelauert wurde, trugen den Jungen doch Futter zu; aber sie kreisten oberhalb der Schußweite und ließen es von da ins Nest fallen. Nicht minder liegt den Vögeln die Sicherheit der Ihrigen am Herzen. Raubt man der Eule ein Junges aus dem Neste, so bringt sie die übrigen, behutsam im Schnabel tragend, in der nächsten Nacht fort, während die Schnepfen bei ähnlichen Veranlassungen ihre Kleinen zwischen Schnabel und Brust eingeklemmt von dannen schleppen. Bei sehr vielen Vögeln ist es nicht genug, daß die Eier ausgebrütet und die Jungen aufgefüttert werden; es macht sich vielfach auch eine Art Er- ziehung nötig. Man beobachte nur einmal eine Henne, die ihre Küchlein führt, mit welcher Aufmerksamkeit sie das Tun und Treiben der unruhigen kleinen Schar bewacht. Eine Katze schleicht über den Hof, hoch in den Lüften zeigt sich ein Raubvogel: es genügt ein warnendes Signal der Glucke, um die kleine Gesellschaft unter den sicheren Schutz ihrer mütterlichen Fittiche zu locken. Ihre Augen sind überall. Ein Küchlein kommt vorlaut und unbedacht nach Kinderart der Jauchenpsütze oder einem Wasser bedenklich nahe; da erschallt ein Ruf der Alten, und der kleine Naseweis entfernt sich eilig von dem gefährlichen Platze, aber ohne unter den Flügel der Mutter sich zu bergen; der warnende Ton war eben ein anderer. Bemerken alte Enten auf dem Wasser des Teiches oder Sees, mitten unter ihrer zahlreichen Nachkommenschaft schwimmend, einen herabstoßenden Falken, so rufen sie ihren Jungen in besonderer Art zu, und im Nu tauchen alle unter.