H — 6 — Das niedliche Gänseblümchen wendet sein gelbes Köpfchen mit dem weißen Spitzenkragen neugierig zur Seite und fragt den gelben Hahnenfuß: „Woher mag nur der weiße Schaum kommen, den das Schaumkraut trägt?" Aber der Hahnenfuß ist neidisch auf das Schaumkraut, weil die Menschen ihn wegen feines giftigen Saftes weniger lieben. Darum antwortet er boshaft: „Das ist Kuckucksspeichel." Aber das Gänseblümchen merkt, daß er lügt, und kehrt sich von ihm ab; denn mit einem Lügner mag es nichts zu schassen haben. 3. Sieh! da schleicht eine Schnecke durch das Gras. Sie trägt ihr zierliches, buntes Häuschen nach dem Wiesenrande, wo unter dem blühenden Schlehenstranche besonders zarte Gräschen sprießen. Da schmaust sie nach Herzenslust. Aber die blauen Veilchen, die dort so lieblich duften, bemerkt sie nicht, und doch kann sie ihre Augen weit aus dem Kopfe herausschieben. Die Kinder lassen ihre Augen fein im Kopfe; aber Veilchen wissen sie doch zu finden, wenn sich die lieben, kleinen Dinger auch noch so bescheiden verstecken. Wenn sie aber eins gefunden haben, dann bringen sie es der Mutter, und die Mutter stellt es ins Wasserglas. Da blüht es fort und siillt die Stube mit Wohlgernch. Friedrich Stillcke. (Lesebuch für Bürgerschulen, Hannover.) 7. Die grünen Sommervögel 1. Es kamen grüne Vögelein geflogen her vom Himmel und setzten sich im Sonnenschein in fröhlichem Gewimmel all an des Baumes Äste und saßen da so feste, als ob sie angewachsen sei'n. 2. Sie schaukelten in Lüften lau auf ihren schwanken Zweigen; sie aßen Licht und tranken Tau und wollten auch nicht schweigen; sie sangen leise — leise auf ihre stille Weise von Sonnenschein und Himmelblau. 3. Wenn Wetternacht auf Wolken saß, so schwirrten sie erschrocken; sie wurden von dem Regen naß und wurden wieder trocken; die Tropfen rannen nieder vom grünenden Gefieder, und desto grüner wurde das. 4. Da kam am Tag der scharfe Strahl, ihr grünes Kleid zu sengen, und nächtlich fmn der Frost einmal, mit Reif es zu besprengen. Die armen Vöglein froren, ihr Frohsinn war verloren, ihr grünes Kleid ward bunt und fahl.