83 ihm zu: „Ach, schüttele mich, schüttele mich; wir Äpfel sind alle miteinander reif!" Da schüttelte es den Baum, daß die Äpfel fielen, als regneten sie, und schüttelte so lange, bis keiner mehr oben war; und als es alle in einen Haufen zusammengelegt hatte, ging es auf dem Pfade weiter. 4. Endlich kam es zu einem kleinen Hause; daraus guckte eine alte Frau; weil sie aber so große Zähne hatte, ward ihm angst, und es wollte fortlaufen. Die alte Frau aber rief ihm nach: „Was fürchtest du dich, liebes Kind? Bleibe bei mir! Wenn du alle Arbeit im Hause ordentlich tun willst, so soll dir's gut gehen; nur mußt du achtgeben, daß du mein Bett sorgsam machst und fleißig aufschüttelst, daß die Federn fliegen; dann schneit es in der Welt; ich bin die Frau Holle." Weil die Alte ihm so gut zusprach, so faßte sich das Mädchen ein Herz, willigte ein und begab sich in ihren Dienst. Es tat auch alles zu ihrer Zufriedenheit und schüttelte ihr das Bett gewaltig auf, daß die Federn wie Schneeflocken umherflogen; dafür hatte es auch ein gutes Leben bei ihr, bekam kein böses Wort und alle Tage Gesottenes und Gebratenes. 5. Nun war es eine Zeitlang bei der Frau Holle; da ward es traurig und wußte anfangs selbst nicht, was ihm fehlte; endlich merkte es, daß es Heimweh war. Und ob es hier gleich viel tausendmal besser war als zu Hause, so hatte es doch ein Verlangen dahin. Endlich sagte es zu ihr: „Ich habe den Jammer nach Hause gekriegt, und wenn es mir auch noch so gut hier unten geht, so kann ich doch nicht länger bleiben, ich muß wieder hinauf zu den Meinigen." Die Frau Holle sagte: „Es gefüllt mir, daß du wieder nach Hause verlangst, und weil du mir so treu gedient hast, so will ich dich selbst wieder hinaufbringen." Sie nahm es darauf bei der Hand und führte es vor ein großes Tor. Das Tor ward aufgetan, und wie das Mädchen gerade darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen, und alles Gold blieb an ihm hängen, so daß es über und über davon bedeckt war. „Das sollst du haben, weil du fleißig gewesen bist", sprach die Frau Holle und gab ihm auch die Spule wieder, die ihm in den Brunnen gefallen war. Darauf ward das Tor verschlossen, und das Mädchen befand sich oben auf der Welt und nicht weit von seiner Mutter Hause; und als es in den Hof kam, saß der Hahn auf dem Brunnen und rief: „Kikeriki, unsere goldene Jungfrau ist wieder hie!" Da ging es hinein zu seiner Mutter, und weil es so mit Gold bedeckt ankam, ward es von ihr und der Schwester ganz gut aufgenommen. 6'