IV. Bilder aus der Erd⸗ und Völkerkunde. 37 35 Siegenschen sehr verbreitet ist, und die man dort Hackwaldwirtschaft nennt. Eichen, Haseln, Birken und anderer Stockausschlag bildet den Bestand, der alle 15 oder 20 Jahre abgetrieben wird. Der Abtrieb erfolgt im Frühjahr; die Eichen werden geschält, um die Lohe zu benühen, die geeigneten Hasel- oder Birkenruten werden zu Reifen und Floßfeilen ausgesucht; alles dünne Reis mit dem Laube bleibt an Ort und Stelle liegen, um während des Sommers zu trocknen, wird aber durch dazwischengelegtes Stangenholz in einzelne, 15 Schritte breite Streifen geschieden. Wenn nun im September das Reisig trocken ist, so zündet man es an der oberen Seite eines der 15 Schritte breiten Streifen an, die sich stets an Bergabhängen herabziehen, und vier oder fünf Männer mit langen Stangen und eisernen Haken daran wälzen die Feuerwelle nach und nach den ganzen Berg herab, wobei sie sich vorsehen müssen, daß nicht mehrere Streifen zugleich in Brand geraten, oder ein Nachbarstreifen sich von unten entzündet und aufwärts brennt, weil sie dann leicht alle Macht über die Ausbreitung des Feuers verlieren würden. Das Abbrennen bezweckt teils Düngung durch Aschenbildung, teils die Zerstörung vieler Unkräuter, während den Stöcken und Wurzeln des Holzes da⸗ durch kein Schaden geschieht. Die abgebrannte Stelle wird, soviel es Steine und Felsvorsprünge erlauben, zwischen den Stöcken be— arbeitet und ein Jahr lang mit Korn bestellt. Im zweiten Jahr sind hier auf dem fruchtbaren Granitboden die neuen Holztriebe schon wieder zu groß, während man z. B. im Odenwald auf Sandstein— boden zwei Jahre nacheinander Frucht bauen kann. Da im Kinzig— thal und seinen Seitenarmen alle die kuppigen Granitabhänge unter dem hohen Sandsteinplateau mit Niederwald bedeckt sind, und der Prozeß des Abbrennens sich alle 15 oder 20 Jahre für jede Stelle wiederholt, so ist es begreiflich, daß zur Brennzeit aller Orten Flam⸗ men auflodern und Rauchsäulen emporsteigen. Dazu kommt noch, daß auch auf vielen Feldern die Stoppeldecke mit den Wurzeln durchgebrannt wird, und zu all diesen Vertilgungsfeuern mischen sich noch hie und da die Rauchsäulen der Kohlenmeiler; kein Wunder also, wenn zuweilen ein feiner, bläulicher Rauch alle Thäler durchzieht. Oben in den Bergen und an den steilen Abhängen findet man überall Schlittwege oder feste Holzriefen für Stammholz und für Scheitholz. Einige bleiben für immer, andere baut man für den einzelnen Holzschlag. Der Transport erfolgt durch Zugtiere oder durch die eigene Schwere. Ein Teil des abzuführenden Scheitholzes