121
wieder der junge Mann ins Auge. Er saß ganz still an einem Tischchen und
verzehrte sein Abendbrot. „Ei, willkommen!" rief der Schulze, „treffen wir
uns hier, guter Freund?" Der junge Mann stutzte, sah ihm starr ius Gesicht
und wußte nicht, woher die Bekanntschaft kam. „Ist Er nicht der junge
Handwerksbursch," fragte der Schulze, „der diesen Abend draußen am Wege
das Brett einer Gartentür festgemacht hat?" — „Ja, der bin ich." —
„Nun gut, so kommt, Nachbar Hans," sagte der Schulze zu dem Eigentümer
des Gartens, der zufällig auch da war, „kommt und bedankt Euch bei dem
wackern Fremdling! Er hat im Vorbeigehen Eure zerbrochne Gartentür
wieder zurecht gemacht." Nachbar Hans dankte schmunzelnd; er und der
Schulze setzten sich traulich zu dem Fremden, und alle Gäste lauschten auf
ihr Gespräch. Es betraf das Handwerk und die Wanderungen des jungen
Mannes, und weil allen die Probe, die er von seiner gemeinnützigen Denkart
gegeben hatte, wohl gefiel, so wünschten alle einmütig ihn zum Gemeinde¬
schmied zu haben.
Hümmerlein mußte über Nacht bleiben, und da er schon am folgenden
Morgen Gelegenheit fand seine Geschicklichkeit in der Tierarzneikunst und im
Hufbcschlag zu zeigen, so hieß es allgemein: „Dieser und kein andrer soll
Gemeindeschmied werden!" Man schloß den Vertrag mit ihm ab, und so
war Meister Hämmerlein unvermutet Schmiedemeister eines großen Dorfes,
das er wenige Stunden zuvor nicht einmal dem Namen nach gekannt hatte.
Nun sage mir noch einer: „Wer ungebeten zur Arbeit geht, geht ungedankt
davon."
Nach Schlez.
106. Der Kommandant und die Jäger zu Hersfeld.
Im Jahre 1807, als die französische Armee und ein großer Teil
der bundesgenössischen Truppen in Polen und Preußen stand, befand sich
ein Teil des badischen Jägerregimentes in Hessen und in der Stadt
Hersfeld auf ihren Posten; denn dieses Land hatte der Kaiser im Anfang
des Feldzuges eingenommen und mit Mannschaften besetzt. Da gab cs
nun von seiten der Einwohner, denen das Alte besser gefiel als das
Neue, mancherlei Unordnungen, und es wurden besonders in dem Orte
Hersfeld mehrere Widersetzlichkeiten ausgeübt und unter andern ein fran¬
zösischer Offizier getötet. Das konnte der französische Kaiser nicht
geschehen lassen, während er mit einem zahlreichen Feind im Angesicht
kämpfte, daß auch hinter ihm. Feindseligkeiten ausbrachen und ein kleiner
Funke sich zu einer großen Feuersbrunst entzündete. Die armen
Einwohner von Hersfeld bekamen daher bald Ursache ihre unüberlegte
Kühnheit zu bereuen; denn der französische Kaiser befahl die Stadt zu
olündern und alsdann an vier Orten anzuzünden und in Asche zu legen.