Full text: [Teil 2 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 2 = Sexta, [Schülerband])

Hahn: Der General Derfflinger. 
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Kat. Derfflinger schämte sich der Erinnerung seiner früheren 
Lebensjahre keineswegs; er selbst sprach gern auf heitere Weise 
von seiner Vergangenheit. Als er noch gemeiner Dragoner 
war, erzählte er einst, konnte er einmal nachts nicht schlafen, 
sondern warf sich unruhig auf der Streu hin und her; sein 
Zeltkamerad wurde dadurch gleichfalls am Schlafe gehindert, 
und scheltend fragte er, warum Derfflinger so unruhig sei. Er 
könne nicht schlafen, antwortete dieser, weil ihn der Gedanke 
quäle, ob er wohl in der Welt noch ein General werden möchte. 
„Ach was!“ rief der andere, „lieg und schlaf! Ein Lumpenhund 
magst du wohl noch werden, aber kein General!“ Dreißig Jahre 
nachher, als Derfflinger schon Feldmarschall war, kam er in 
ein Städtchen, wo der Name des Bürgermeisters ihn an jenen 
Kameraden erinnerte. Er fuhr sogleich vor dessen Wohnung, 
und als der Bürgermeister eiligst mit der Mütze in der Hand 
hervorstürzte, rief Derfflinger, der ihn auf den ersten Blick 
wiedererkannte, mit starker Stimme: „Kamerad, kennen wir uns 
wohl noch?“ — „Ja,“ erwiderte der Bürgermeister mit Zögern. 
„Und wie ist’s mit der Prophezeiung geworden?“ fuhr Derfflinger 
fort, indem er ihm die Worte jener Nacht zurückrief. Der 
Bürgermeister entschuldigte sich, nach so langer Zeit könne er 
sich der Worte, die er damals gebraucht hätte, so genau nicht 
mehr erinnern, bäte aber um Verzeihung, wenn unter ihnen als 
Zeltkameraden damals so etwas vorgekommen wäre. „Wenn’s 
einmal Lumpenhund sein muß,“ rief Derfflinger, „so mag’s drum 
sein; aber wer ist denn nun der Größte geworden, ich oder du?“ 
Der Bürgermeister wußte sich in seiner Verwirrung kaum zu 
fassen; der Feldmarschall aber sprang aus dem Wagen, umarmte 
ihn brüderlich, klopfte ihm auf die Schulter und fragte, ob er 
was Gutes zu essen habe? „Schinken, geräucherte Würste, Fische 
und Krebse habe ich im Hause,“ war die Antwort. „Und ich,“ 
sagte Derfflinger, „habe guten Rheinwein bei mir.“ Und so 
gingen sie zusammen hinein, aßen und tranken vergnügt mit¬ 
einander und unterhielten sich mit alten Schnurren und Streichen 
aus jener früheren Zeit. Wenn Derfflinger sich aber seiner 
niederen Herkunft auch nicht schämte, so wollte er doch nicht, 
daß man sie ihm vorwarf oder darüber spöttelte, und er war 
nicht der Mann, so etwas geduldig zu ertragen. Als ein franzö¬ 
sischer Gesandter die Unverschämtheit hatte, den Kurfürsten bei 
Tafel zu fragen, ob es wahr sei, daß er in seinen Diensten 
einen General habe, der ein Schneider gewesen sei, erhob sich 
Derfflinger sogleich und rief, flammende Blicke auf den Franzosen
	        
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