Full text: [Bd. 2, [Schülerband]] (Bd. 2, [Schülerband])

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König, ob er nicht den Kyros stürzen könnte, ehe dieser zu 
mächtig geworden sei. Er fragte beim Orakel zu Delphi an und 
erhielt den Spruch, wenn er wider die Perser ziehe, werde er ein 
großes Reich zerstören. Und weil Krösos den Götterspruch falsch 
auslegte, rüstete er einen Zug gegen Kyros, ward aber von diesem 
geschlagen und in seiner Stadt Sardes eingeschlossen. 
Die Perser eroberten Sardes und nahmen den Krösos gefangen. 
Und sie fesselten ihn und führten ihn vor Kyros. Dieser ließ 
einen Scheiterhaufen errichten und den Krösos daraufsetzen um 
ihn zu verbrennen. Da nun Krösos auf dem Holzstoße stand, ge¬ 
dachte er jener Worte Solons, der ihm wie aus göttlicher Ein¬ 
gebung gesagt, kein Mensch sei glücklich, solange er lebe. Und 
als er daran dachte, sieh, da kam er zu sich und seufzte nach 
langer Totenstille und rief dreimal: ,,Solon!“ Als Kyros das hörte, 
sandte er die Dolmetscher hin und ließ fragen, wen er da anrufe. 
Krösos erzählte hierauf, wie vorzeiten Solon, ein Mann aus Athen, 
zu ihm gekommen, der alle seine Herrlichkeiten gesehen und für 
nichts geachtet habe und niemand habe glücklich preisen wollen, 
er sei denn glücklich gestorben. Als aber Kyros von den Dol¬ 
metschern vernahm, was Krösos gesagt, reute ihn sein Befehl und 
er bedachte, daß er doch selbst ein Mensch sei und einen anderen 
Menschen, welcher dereinst an Glück und Herrlichkeit ihm gleich 
gewesen, lebendig dem Feuer überantworten wolle. Zudem fürchtete 
er die Vergeltung, und da er überlegte, daß nichts beständig sei 
im menschlichen Leben, befahl er das bereits angezündete Feuer 
eilends zu löschen und den Krösos herunterzunehmen. Und Kyros 
löste ihn von seinen Banden, ließ ihn neben sich sitzen und erwies 
ihm große Ehre. Nach Herodot (F. Lange). 
73. Koriolan. 
Der römische Patrizier Mareius Hatte durch se'ne Tapferkeit Korioli, 
eine Stadt der Volsker, eingenommen und sich dadurch den Beinamen 
Koriolanus erworben. Er war ein erbitterter Gegner der Plebejer) daher 
machte er zur Zeit einer Hungersnot im Senate den Vorschlag dem 
Volke Getreide nur unter der Bedingung zu geben, daß es auf die 
Wahlen von Tribunen wieder verzichte. 
Kaum hatte das Volk von diesem Vorschlage Kunde erhalten, als 
es in die größte Wut geriet, und es hätte den Koriolan zerrissen,
	        
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