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Händen der Christen gewesen war. Er ließ das goldene Kreuz von der Kirche
des heiligen Grabes hinabstürzen und als Siegeszeichen an den Kalifen von
Bagdad schicken, übrigens aber bewiesen die Mohammedaner bei dieser Erobe¬
rung weit mehr Menschlichkeit, als früher die Christen.
Die Nachricht dieses Verlustes erregte die größte Bestürzung, die größte
Trauer iu der ganzen Christenheit. Der Papst starb vor Betrübnis. Sein
Nachfolger forderte alle christlichen Fürsten und ihre Völker auf, die heilige
Stadt zum zweiten Male den Händen der Ungläubigen zu entreißen. Es ent¬
stand im Abendlande wieder eine allgemeine Bewegung von der Meerenge
von Messina bis an den Großen und Kleinen Belt.
Mit dein Frühlinge des Jahre 1189 versammelten sich die Kreuzfahrer
aus allen Gegenden Deutschlands bei Negensburg. Ihre Zahl belief sich aus
150.000. Der alte Barbarossa stellte sich an ihre Spitze. Die Regierung des
Reiches überließ er seinem Sohne, dem nachmaligen Kaiser Heinrich VI. Kaum
hatte das Kreuzheer den Boden des griechischen Reichs betreten, als die heim¬
tückischen Bewohner desselben nach alter Weise ihm auf alle Art zu schaden
suchten. Isaak, der damalige griechische Kaiser, wollte dein deutschen Kaiser
nicht einmal den Kaisertitel geben, sondern nannte ihn bloß den ersten Fürsten
Deutschlands, sich selbst aber ließ er den Heiligen nennen. Ja, einer seiner
Gesandten hatte die Verwegenheit, dem deutschen Kaiser zu sagen, Friedrich
sei dem heiligen Kaiser Isaak Gehorsam schuldig, und das umsomehr, da er
jetzt mit allen seinen Pilgern wie in einem Netze gefangen sei! Friedrich gab
ihm aber zur Antwort: „Durch die Wahl der Fürsten und des Papstes Be¬
stätigung bin ich Kaiser, nenne mich aber, meiner Sünden eingedenk, nicht
einen Heiligen. Für jetzt hat uns Gottes Gnade die Herrschaft auch im grie¬
chischen Reiche so weit gegeben, als wir sie zu unseren! großen Zwecke bedürfen;
und die Netze, mit denen Ihr drohet, werden wie Spinngewebe zerreißen."
Auf seinem ganzen Zuge durch das griechische Reich hatte der Kaiser mit Nach¬
stellungen zu kämpfen. Nur nüt Mühe erreichte er endlich Kleinasien. Dort
kamen die Kreuzfahrer in wüste, wasserlose Gegenden: es trat ein solcher
Mangel ein, daß man sogar Pferdefleisch aß und Pserdeblut trank. Zudem
umschwärmten leichte türkische Reiter das Heer Tag und Nacht. Nie hatten
die Pilger Ruhe; sechs Wochen lang durften sie die Rüstung gar nicht ab¬
legen. Ermattet stießen sie endlich auf ein türkisches Heer von 300.000 Mann.
Allein Friedrich verzagte nicht. Mit wenigen, aber kräftigen Worten sprach
er den Seinigen Mut ein. Alle empfingen das heilige Abendmahl und stürzten
dann, im Vertrauen aus Gott, für dessen Ehre sie fochten, mit solcher Gewalt
in die Feinde, daß 10.000 von diesen erschlagen, die übrigen nach allen Seiten
hin zerstreut wurden. Dieser Sieg erfrischte den Mut der erschöpften Pilger
wieder. Unter vielen Mühseligkeiten und Gefahren setzten sie den Zug fort
und kamen glücklich zur Stadt Seleucia am Flusse Kalykadnus oder Saleph.
Hier aber war dem greisen Helden seine Grenze bestimmt. Weil die Brücke
über jenen Strom nur schmal war und deshalb der Zug nur sehr langsam