Deutsche Geschichte. Sagen, Anekdoten und Bilder. 279
aber ein wunderbar rosiger Schein lag über dem Gelände. Hell
von der Abendsonne bestrahlt, funkelten die sieben Türme von
Königgrätz vor dem stahlgrauen Osthimmel. Der König blickte
still sinnend hinüber. „Eure Majestät haben nicht eine Schlacht,
Sie haben einen Feldzug gewonnen," — soll General v. Moltke
ausgesprochen haben. —■ Der Donner der Geschütze wurde seltener,
und der König wandte sich rückwärts, um bei Stresetitz und Dohalitz
vorüber nach Sadowa zu reiten, wohin die Wagen befohlen waren.
Der Weg führte durch grotze Massen Infanterie, die sich bereits
zum Biwak einrichteten. Es war 8 Uhr, als der König auf der Wiese
nordöstlich von Problus seinem Sohne begegnete. Der Kronprinz
meldete dem königlichen Feldherrn die Anwesenheit der zweiten
Armee im Schlachtfelde und beugte sich nieder, ihm tiefbewegt
die Hand zu küssen. Der König zog ihn in seine Arme. Beide ver¬
mochten eine Zeitlang nicht zu sprechen, bis König Wilhelm zuerst
wieder Worte fand und seinem Sohne sagte, wie er sich freue, datz
derselbe bisher so glückliche Erfolge gehabt und Befähigung zur
Führung der Armee bewiesen; er, der König, habe ihm, wie er
wohl schon durch sein Telegramm wisse, für die vorangegangenen
Siege den Orden pour le mérite verliehen. Jene Depesche aber
hatte der Kronprinz nicht erhalten, und so überreichte ihm denn
sein Vater und König auf dem Schlachtfelde, wo er den Sieg mit¬
entschieden, Preutzens höchsten Militär-Verdienstorden.
200. Der Tag von Weihenburg, 4. August 1870.
Vorzugsweise nach Hiltl, Der französische Krieg. 6. Aufl. 1892.
Ein trüber, regnerischer Morgen, der 4. August. Der Nebel will
nicht von den Bäumen und von den kahlen Hügelrücken fort, welche
sich durch die Gegend ziehen. Aus dem sinkenden Gewölk treten die
Häuser hervor, und bald genug sieht man auf der Stratze nach Rohr¬
bach zu die langen, endlosen Züge der Proviantkolonnen. Der
Nebel hat sich in Regen verwandelt, die Blätter rascheln, von den
Tropfen geschüttelt, grauer Himmel hat die Gegend bewölkt, welche
sonst so lachend dreinschaut. Aus der Ferne schallt es dumpf und
schauerlich, und die Bewohner der naheliegenden Dörfer eilen an
die Fenster und Türen der Häuser. Da blinkt es trotz des Nebels
und Regens von der Stratze her, der eherne Tritt gewaltiger Kolonnen
knirscht in tausendfachem Takte auf dem feuchten Sande der Chaussee.
Massen von Bewaffneten tauchen auf, Bataillon auf Bataillon
windet sich aus dem Walde hervor; droben am Horizont zieht eine