Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

Naturbilder. 
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dort eine Ladung Rotwein, die ihm anvertraut war. Er verschüttete 
dabei vom edlen Getränk und zur Strafe dafür muß seine Seele dort auf 
dem Ferner hausen und den roten Schnee ansehen, bis sie ein mitleidiger 
Wanderer durch den letzten Rest seiner Flasche erlöst. Das Märchen ist 
spaßhaft, — die Wahrheit ist aber noch viel interessanter. Diese zweite 
Sorte von rotem Schnee zeigt sich unter dem Vergrößerungsglas als 
lebendige, winzige Tierchen (Disceraea nivalis), ebenfalls sogenannte In¬ 
fusorien. Sie leben mitten im Gletscher und Schneewasser und freuen 
sich in ihrer Art ihres Daseins ebensosehr wie andre Geschöpfe in den 
Fluten des Ozeans oder im Quell des Tieflandes. 
Und sonderbarerweise' leben dieselben rotön Schneetierchen auch 
weit draußen am Nordpol und ihre weithin schimmernde Farbe grüßt 
den staunenden Schiffer. Sollte der Wind hier auch den Träger gespielt 
haben? Niemand weiß es. Die Alpenpflänzchen haben auch viel Kameraden 
in den Polarländern, die ganz gleicher Art mit ihnen sind. Die Wege, 
durch welche sie so weit auseinander geraten, mögen wunderbar genug 
sein. Zusammen mit den Infusorien kommen im tauenden Schnee und 
an den Rändern der Firnfelder mancherlei winzige Pflanzenformen vor. 
Nur das Vergrößerungsglas vermag sie dem Auge in ihren sonderbaren 
Gestalten zu zeigen. Sie ähneln jenen winzigen Geschlechtern der Algen, 
die der Forscher auch im Tieflande zur Zeit der Schneeschmelze findet. 
Hermann Wagner, Entdeckungsreisen in Berg und Tal, 6. Ausl. Leipzig 
1901, 8. 131 f.
	        
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