82 II. sJetir. DaS Mittelalter. Von 768 bis 1517.
Alpen nach Deutschland. Da vertheilten sich diese Maaren auf
verschiedenen Wegen im Lande umher, oder wunderten weiter nach
Norden zu, bis an die Nord- und Ostsee, und sogar weiter nach
England, Dänemark, Schweden und Norwegen. Auch die deutschen
Städte, die an dieser großen Handelsstraße lagen, z. B. Augsburg,
Ulm, Negensburg, Nürnberg, Straßburg, Maynz, Köln, Braun¬
schweig, Erfurt, Bremen, Hamburg, Lübeck, und andere, wurden
nach und nach sehr reich und legten dazu in der Zeit, wovon jetzt
die Rede ist, den Grund. Aber noch viel schneller ging es mit den
italienischen Städten.^ Sie waren in kurzer Zeit so mächtig gewor¬
den, daß der sonst mächtige und stolze Adel im Lande umher es nicht
mehr mit ihnen aufnehmen konnte, sondern gezwungen war, sich mit
ihnen zu verbinden, in ihre Mauern zu ziehen, und es als eine große
Ehre anzusehen, daß er zu ihren Bürgern gehören dürfte. Unter
der unruhigen Regierung Heinrichs IV., des V., und Lothars von
Sachsen hatten sie es sich sogar in den Sinn kommen lassen, auch
die kaiserliche Oberherrschaft nur in so weit gelten zu lassen, als es
ihnen genehm war, viele kaiserliche Rechte nicht zu achten und sich
selbst nach eigener Willkühr Obrigkeiten zu setzen. Das war auch
so hingegangen, bis Kaiser Friedrich I. ein ernstliches Einsehen zu
thun beschloß. Er zog 1154 zum erstenmal über die Alpen und
hielt auf den ronkalischen Feldern, am Po-Flusse, nach alter Kaiser¬
sitte einen großen Reichstag über die lombardischen Städte. Hier
erhoben viele derselben Klagen gegen das mächtige Mailand, wel¬
ches die andern zu unterjochen und sich eine große Herrschaft in
Oberitalien zu stiften trachtete. Die Befehle des Kaisers wurden
von den stolzen Bürgern verachtet; ja von einem kaiserlichen Schrei¬
ben hatten sie die Siegel abgerissen und mit Füßen getreten. Hätte
Friedrich Kriegsmacht genug bei sich gehabt, so würde er gleich die-
sesmal die stolze Stadt gedemüthigt haben; so aber verbiß er seinen
Zorn, richtete seine übrigen Geschäfte in Italien aus und zog wieder
nach Deutschland zurück.
Im Jahre 1158 kam er mit einem großen und trefflichen
Heere wieder, so daß sich alle Städte, schon beim Anblicke desselben,
vor ihm demüthigten; auch das stolze Mailand flehte, nach kurzer
Belagerung, die kaiserliche Gnade an. Der Erzbischof mieden Prä¬
laten und der ganzen Geistlichkeit kamen baarfuß, mit Kreuzen in
den Händen, in das Lager; es folgten die Vornehmsten der Stadt,
in schlechten Kleidern und mit bloßen Schwerdtern auf dem Nacken
oder Stricken um den Hals gebunden. So sielen sie dem Kaiser
zu Füßen, und dieser begnadigte die Stadt, nachdem er sie von
Neuem Treue und Gehorsam hatte schwören lassen.
Kaum war er aber abgezogen, als die Bürger schon wieder
ihr Haupt erhoben, nach wie vor den alten Uebermuth zeigten und
unter andern den kaiserlichen Kanzler Rainald, der hingeschickt war,
um ihnen von Rechtswegen'einen'Bürgermeister zu setzen, so mißhan¬
delten, daß er kaum mit dem Leben davon kam. Da sprach der
Kaiser von Neuem die Reichsacht über sie aus, zog 1164 wieder