Full text: (Fünftes und sechstes Schuljahr) (Teil 3, [Schülerband])

14 lW> I§t> l3fc jgfr !§& 13fr &3& Igfa iSfc lSi> 
das Kind!" vernommen, sei es ihr erst wie ein großer Schrecken 
durch das Herz gefahren; dann hätte sie es gar nicht für möglich ge¬ 
halten und wäre niedergefallen mit dem Angesicht auf die Erde und 
15 hätte nur weinen können. Als aber das Licht wieder in die Höhe ge¬ 
gangen sei und sie ihr Kind bei dem schwachen Schein erkannt und 
lebendig gesehen habe, wäre es ihr gewesen, als tüte sich der Himmel 
auf mit aller seiner Herrlichkeit. — 
Meine Mutter war eine fromme Frau und stand deshalb auch 
20 bei der ganzen Nachbarschaft in großem Ansehen. Gott hat ihr mancherlei 
Prüfungen auferlegt; aber nie habe ich sie kleinmütig gesehen oder 
murren hören. Sie sagte oft zu uns Kindern, sie hätte in allen ihren 
Leiden recht deutlich Gottes Vaterliebe erkannt; denn alle wären zuletzt 
zu ihrem Segen ausgeschlagen. Der Schreckenstag aber, wo sie mich 
25 verloren und wiedererhalten, habe sie erst in dem Glauben an Gottes 
Güte gestärkt UNd befestigt. Friedrich Jacobs. 
4-. nur ein Sonnenstrahl. 
i. 
¡uf dem Treppenflur int oberen Stockwerk eines Hauses, weit 
draußen in einer der Vorstädte Berlins, wo sich die Straßen 
allmählich zwischen Roggen- und Kartoffelfeldern verlieren, stand eine 
ärmlich, aber sauber gekleidete Frau und sah mit angstvoll gespannten 
5 Blicken auf einen älteren Herrn, der sich soeben anschickte, die Treppe 
hinunterzusteigen. 
„Herr Doktor, haben Sie Mitleid mit mir", sagte sie. „Ist keine 
Hoffnung da, gar keine?" 
Der Angeredete schob die goldne Brille etwas fester, als wolle er 
io es vermeiden, den Blicken der Forschenden zu begegnen. 
„Fassen Sie Sich, liebe Frau!" erwiderte er. „Was in menschlicher 
Macht steht, ist geschehen." 
„Es ist ja gar nicht möglich!" antwortete sie tonlos. „Nein, es 
darf nicht sein. Was soll aus mir werden?" 
15 „Es ist besser, Sie bereiten Sich ans das Schwerste vor. Wenn der 
Himmel kein Wunder tut-" Er brach ab. „Ich werde heute 
Abend noch einmal wiederkommen." 
Langsam ging der Armenarzt die Treppe hinab. 
Die Zurückbleibende verharrte noch immer wie betäubt auf der 
20 obersten Stufe. Erst als das Zuschlagen der Haustür erfolgte, wachte 
sie aus ihrem dumpfen Brüten auf. Sie fuhr sich über die Stirn.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.