Full text: Von Goethe bis zur Gegenwart (Band 2, [Schülerband])

ßSJßSIßSCIgJßgIßSßS] Rede zur Schiller-feier. SD !§D SD SD SD 793 
ist nicht so Schwärmer, daß er sie nicht wohl kennte und verstände. 
Oder hat er nur solches zu zeichnen gewußt, was eng und nah mit 
seiner höchsten Begeisterung zusammenhing? Woher dann — es sei 
nur eine Probe genannt, wo er so sichtbar aus sich herausging — 270 
woher jenes muntere Bild eines wilden, aber rüstigen Lagerlebens, 
wo das bunte Gewühl, so ganz nicht wissend, daß es belauscht wird, 
in derber Natürlichkeit sich gehen läßt, und doch der Geist der Ehre 
auch die rauhe Kriegerbrust adelt? Woher der treue Ton und Wurf 
jener rasselnden Kriegszeit im ganzen Wallenstein? 
Aber noch haben wir auf die Stelle nicht gewiesen, wo unzweifel¬ 
haft die volle Stärke dieser Dichtergabe wohnt. Jene Form der Dicht¬ 
kunst, die am meisten bestimmt ist, den Geist der neuen Zeit, den 
seiner bewußten, den freien Geist auszusprechen; jene Form, welche Men¬ 
schen gegenwärtig vor uns aufführt und eine Handlung vollenden läßt, 280 
in welcher spannend, überraschend, tausend Herzen der versammelten 
Menge mit sympathetischen Schlägen erschütternd des Schicksals hoher 
Wille sich vollstreckt: die Schauspieldichtung; darin ist er Meister, das 
ist der rechte Boden für seinen Feuergeist, und auf diesem Boden er¬ 
reicht selbst sein noch begabterer Freund ihn nicht. Hoch zu Rosse 
pocht der Tyrann — wir wissen, jetzt spannt der verborgene Schütze 
die Sehne — Todesstille liegt über dem ganzen Haus, jedes Herz 
klopft — und wie ein Blitz schlägt die ewige Gerechtigkeit ein. 
Überschaut man nun die Reihe von Werken, die in rascher Folge 
der rastlos tätige Meister geschaffen, so finden sich doch zwei dunkle 290 
Stellen, die sich nur allmählich lichten. Es herrscht von Anfang ein 
finsteres Schicksal; um ja keinen Schein zu lassen, als ob er den 
Menschen allein und nicht vielmehr die Weltordnung verherrlichen 
wolle, läßt er diese in einer furchtbaren Majestät walten, die mensch¬ 
lichem Wollen und Wünschen wie ein schroffes, unnahbares Gebirge 
gegenübersteht, wo drohende Wetter schwellen und sich zerstörend ent¬ 
laden. Er rettet im Leiden die Menschenwürde, aber er versöhnt uns 
nicht wahrhaft mit der Sendung des Leidens. 
Was sind Hoffnungen, was sind Entwürfe/ 
Die der Mensch, der vergängliche Sohn der Stunde, 300 
Aufbaut auf dem beweglichen Grunde? 
Wenn die Wolken getürmt den Himmel schwärzen, 
Wenn dumpftosend der Donner hallt: 
Da, da fühlen sich alle Herzen 
In des furchtbaren Schicksals Gewalt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.