Full text: Prosa für Lehrerseminare (Teil 3)

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Willen leicht dahin oder dorthin zu leiten sein. Ihre Gesinnungen, 
die Sie mir vorläufig in Ihrem Brief zu erkennen geben, sind so schön 
und für mich bis zur Beschämung ehrenvoll! Ich kann nur sagen: 
Herr, hie bin ich, mach aus Deinem Knecht, was Du willst. Jeder Platz, 
s jedes Plätzchen, die Sie mir aufheben, sollen mir lieb sein, ich will 
gerne gehen und kommen, niedersitzen und aufstehen. 
Alles, was ich bisher gesagt und gebeten habe, gründet sich auf 
den Begriff, daß Sie meiner jetzt nicht unmittelbar, nicht im Mechani¬ 
schen bedürfen. Ohne die Gewißheit, daß Sie mit meinem Vikarius^) 
10 höchst zufrieden sein würden, hätte ich mich nicht entfernen, nicht so 
lange verweilen können. Er ist auf alle Fälle ein Mann, zu solchen 
Plätzeiz. geschaffen, welche ich nur einnahm, um sie zur rechten Zeit 
einem Fähigern abtreten zu können. Wie freut mich's, daß sie ge¬ 
kommen ist. Ich kann nicht anders, als denen Einrichtungen, welche 
iS Sie machen wollen, den vollkommensten Beifall geben. Die Autorität, 
Responsabilität?) und der anhaltende, unmittelbare Einfluß eines wirk¬ 
lichen Präsidenten ist auf alle Weise nötig, um die Sache in Ordnung 
zu bringen und darin zu erhalten; auch an Wedeln, glaube ich, wird 
Sie Ihre Wahl nicht trügen. Die Kriegskommission werden Sie doch 
20 auch im gegenwärtigen Falle mit dem Präsidio der Kammer ver¬ 
bunden lassen? 
Die Kassen-Revision und die neue Ordnung ist ein treffliches 
Institut; dadurch wird dem übelgesinnten Diener das Mittel ge¬ 
nommen, sich mit dem ungerechten Mammon Freunde zu machen, 
25 dem redlichen wird auf einmal aus mancher Verlegenheit geholfen. 
Hätte ich beim Antritt meiner Interims-Administration* 3) mehr Kennt¬ 
nis des Details in denen damals einigermaßen verworrenen Zu¬ 
ständen, mehr Entschlossenheit bei einem allgemeinen, öffentlichen und 
heimlichen Widersetzen, mehr Festigkeit gehabt, so hätte ich Ihnen 
3o manchen Verlust und mir manche Sorge, Verdruß und wohl gar Schief¬ 
heit ersparen können. Es war Ihnen selbst mit der Zeit vorbehalten 
zu tun, was unter anderen Verhältnissen andre nur gewünscht hatten. 
Das Verhältnis, das Sie mir zur Kammer erhalten wollen, ist, 
ich wiederhole es, so ehrenvoll, daß ich gleich beschämt bin, es anzu- 
35 nehmen, als verlegen, es abzulehnen. Ich habe schon einmal meine 
Gründe gesagt, warum ich mich zu dem letzteren neige und würde sie 
wieder verstärkt anführen, wenn ich nicht fühlte, daß es beinah 
!) vgl. S. 523, Anm. 1. 
3) zeitweiligen Verwaltung» 
2) Verantwortlichkeit.
	        
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