Full text: Sang und Spruch der Deutschen (Band 3)

[81] 
Scheffel. Heyse. 
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2- Er ritt, bis er gen Darmstadt kam, 
kein Fahnden war geglückt; 
da lacht er, als am schwarzen Lamm 
durchs Fenster er geblickt: 
„Er lebt noch! . . Lebt und hebt noch! 
Doch srag' mich keiner: wie? 
Wie kommt mein alter Flügelmann 
in solche Kompagnie?" 
--In Züchten saß der Stammgastschar 
nach Rang und Würden dort, 
Dünnbier ihr Vespertränklein war, 
es klang kein lautes Wort. 
»Sacht stets! . . Sacht und bedacht stets 
ist Lebens Hochgenuß;« 
so flüstert ein Kanzleimann just 
zum Kreisamtsyndikus. 
«-In dieser Schöppleinschlürser Reih' 
saß auch ein stilles Gast, 
und als es acht Uhr war vorbei, 
nahm's Stock und Hut mit Hast. 
„„Acht jetzt . . recht jetzt . . 
gut' Nacht jetzt! 
Einst war ich nicht so brav; 
doch ehrbar wandeln ist das Best, 
ich geh' ins Bett und schlaf."" 
»-Der Rodenstein im grimmen Zorn 
hob graunhaft sich empor, 
dreimal stieß er ins Jägerhorn 
und blies mit Macht den Chor: 
„'raus da! 'raus aus dem Haus da! 
raus mit dem Deserteur, 
das lahme, zahme Gast da drin 
gehört zum wilden Heer!" 
«- Da faßt das Gast ein Schreck und Graus, 
erst sank es tief ins Knie, 
dann stürzt es einen Maßkrug aus, 
schlug's Fenster ein und schrie: 
„„'naus da! 'naus aus dem Haus da! 
O Horn und Sporn und Zorn! 
O Rodenstein! O Maienwein! 
Noch bin ich nicht verlorn. 
Rumdiridi, Freijagd! 
Hoidiridoh, Freinacht! 
Alter Patron, 
empfah' deinen Sohn! 
Hussah, halloh! 
Jo, hihaho! 
'naus, 'naus, 'naus!" 
Paul Hryse. 
73. „All' meine Herzgedanken." 
Ton: Brahms, Chor op. 62 Nr. 5. 
i< All' meine Herzgedanken 
sind immerdar bei dir; 
das ist das stille Kranken, 
das innen zehrt an mir. 
Da du mich einst umfangen hast, 
ist mir gewichen Ruh und Rast; 
all' meine Herzgedanken 
sind immerdar bei dir. 
2- Der Maßlieb und der Rosen 
begehr' ich fürder nicht, 
wie kann ich Lust erlösen, 
wenn Liebe mir gebricht! 
Seit du von mir geschieden bist, 
hab' ich gelacht zu keiner Frist. 
Der Maßlieb und der Rosen 
begehr' ich fürder nicht. 
3. Gott wolle die vereinen, 
die für einander sind! 
Von Grämen und von Weinen 
wird sonst das Auge blind. 
Treuliebe steht in Himmelshut, 
es wird noch alles, alles gut. 
Gott wolle die vereinen, 
die für einander sind. 
74. über ein Stündlein. 
Dulde, gedulde dich fein! 
Über ein Stündelein 
ist deine Kammer voll Sonne. 
Über den First, wo die Glocken hangen, 
s. ist schon lange der Schein gegangen, 
ging in Türmers Fenster ein. 
Wer am nächsten dem Sturm der 
Glocken, 
einsam wohnt er, oft erschrocken; 
doch am frühsten tröstet ihn Sonnen¬ 
schein. 
io. Wer in tiefen Gassen gebaut, 
Hütt' an Hüttlein lehnt sich traut, 
Glocken haben ihn nie erschüttert, 
Wetterstrahl ihn nie umzittert; 
aber spät sein Morgen graut. 
»2. Höh' und Tiefe hat Lust und Leid. 
Sag ihm ab, dem törigen Neid: 
anderer Gram birgt andere Wonne. 
Dulde, gedulde dich fein! 
Über ein Stündelein 
ist deine Kammer voll Sonne.
	        
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