Full text: Deutsche Nationalliteratur von den Anfängen bis zur Gegenwart (Band 1, [Schülerband])

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Den Grund zu stehenden Heeren legte Karl VII., der Landesherr 
der „Jungfrau von Orleans", um 1450 in Frankreich; er errichtete 
eine stehende Reiterei aus gens cP arm es (Gendarmen, d. h. Waffen¬ 
männer) und eine nationales Fußvolk, das nach den ihm gewährten 
Freiheiten den Namen „Freischützen" (francs archers) erhielt. Die 
meisten militärischen Ausdrücke sind noch heute französische. 
Das erste stehende Heer in Deutschland, das in „Kasernen" 
(easerna, latem. = kleine Hütte) hauste, bildete Herzog Maximilian 
von Bayern um 1620; ihm folgte in Brandenburg der Große Kurfürst. 
Aber welch ein weiter Weg von den kleinen Anfängen bis zu den 
Hunderttausenden- und Millionenheeren von heute! 
5. Die Entdeckungen. Zwei heute bedeutungslose Westvölker 
erlebten ihr „Heldenzeitalter" um 1500: Portugiesen und Spanier. 
Die Portugiesen führte der Kompaß nach Osten: 1487 
entdeckte Diaz das jetzt englische Kap (Vorgebirge) der guten -t i qq 
Hoffnung, elf Jahre später fand Basco de Gama den See- 14:^0 
weg nach Ostindien. Das kleine meerfahrende Volk schuf sich ein 
Kolonialreich, welches die West- und Ostküste von Afrika sowie die 
Südküste von Asien umschloß. 
Die Spanier segeln nach Westen: am 12. Oktober -# i qq 
landete Kolumbus auf dem Boden Amerikas, nämlich der 
Watlingsinsel in Westindien. Der Bericht, den der kühne MeetfaHtet2 
über den weltgeschichtlichen Vorgang in sein Tagebuch geschrieben 
hat, ist durch den spanischen Bischof Las Cases (seit 1520 Missionar 
in der Neuen Welt) im Auszuge, wie folgt, überliefert worden: 
„[Freitag, 12. Okt.] Bis 2 Uhr morgens legten sie 90 Miglien oder 
221/2 Leguas3 zurück. Da nun die Carabele 4 „Pinta" besser segelte und vor¬ 
auseilte, so erblickte sie das Land und gab die vom Admiral vorgeschriebenen 
Signaleb ab. Der Matrose, welcher es [zuerst] schaute, hieß Rodrigo de Triana. 
— Das Land zeigte sich in einer Entfernung von 2 Leguas. 
Sie zogen alle Segel ein und behielten nur den Treo, d. h. das große 
viereckige Segel, ohne die dreieckigen Nebensegel. So legten sie bei, um den 
Anbruch des Morgens zu erwarten; da erreichten sie eine Insel, die in der 
Sprache ihrer Bewohner Guanahani hieß, und an deren Gestade nackte 
Menschen erblickt wurden. 
Der Admiral sowie Martin Alonso Pinzon [Kapitän der Pinta] und 
dessen Bruder Vicente Yanez, der Kapitän der Nina war, landeten in be¬ 
waffnetem Boote. Der Admiral trug die königliche Fahne, die beiden Kapitäne 
Flaggen, wie sie aus den Schiffen des Geschwaders geführt wurden, mit einem 
grünen Kreuz und den Buchstaben F und Y [Ferdinand, Jsabella]: über beiden 
Buchstaben Kronen, eine links, eine rechts vom Kreuz. Nachdem sie ans Land 
gestiegen waren, sahen sie sich umgeben von saftgrünen Bäumen und ver- 
Die drei Hauptwaffengattungen sind: Infanterie, so genannt nach der 
Schutzwache der spanischen Jnfanten (Prinzen, eigentlich = Unmündige), 
Kavallerie (vgl. cheval) und Artillerie (latem.) — Wurfkunst. 
2 Bgl. auch E. Brachrnann, „Kolumbus" (nach einer Sage). 
3 lMiglie^i480ru,lLegua(Meile)^4Miglien.-^Schiff.-»Kanonenschüsse
	        
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