Full text: Geschichte für Volks- und Bürgerschulen : mit Abbildungen (Nr. 5)

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verbrennen zu lassen. Aber der jugendliche Kaiser soll erwidert haben: „Ich will nicht 
mit Sigismund erröten. Und wenn nirgend in der Welt mehr Treue zu finden wär', so 
soll man sie bei dem deutschen Kaiser finden." Obwohl er nun gegen Luther die Acht 
aussprach, bewilligte er ihm doch freies Geleit auf 21 Tage. 
10. Auf der Wcrvtbuvg. Ms Luther auf der Rückreise von Worms bei 
Eisenach durch einen Wald fuhr, sprengten plötzlich 5 verkappte Ritter auf ihn zu, 
ergriffen ihn, zogen ihn aus dem Wagen und schleppten ihn mit sich in das Gebüsch. 
Hier setzten sie ihn auf ein Pferd und brachten ihn auf die nahe Wartburg. Luther 
zog jetzt die Kleidung eines Ritters an, trug hohe Stulpstiefeln, ließ sich Bart und 
Haupthaar wachsen und führte den Namen „Junker Georg." Nur der Schloßhaupt¬ 
mann kannte ihn. Die verkappten Ritter aber waren von Friedrich dem Weisen ge¬ 
schickt, welcher den Geächteten auf diese Weise den Augen seiner Feinde zu verbergen 
wußte. Während man nun Luther tot glaubte, saß er ruhig auf der Wartburg und 
fing an, die Bibel in die deutsche Sprache zu übersetzen, wodurch er sich ein unsterb¬ 
liches Verdienst um das deutsche Volk erworben hat. Als er etwa ein Jahr auf der 
Wartburg war, erhielt er die Nachricht, daß sein Freund und Amtsgenosse Karlstadt 
in seinem schwärmerischen Eifer so weit ging, daß er die katholischen Geistlichen ver> 
trieb und Heiligenbilder und Altäre vernichtete. Da hielt es ihn nicht länger auf der 
Wartburg. Entrüstet eilte er nach Wittenberg uud predigte 8 Tage lang so eindring¬ 
lich gegen Karlstadt und feine Anhänger, daß diese die Stadt verlassen mußten. 
11. Melanchthon war Luthers treuster Freund und ein sehr gelehrter und frommer 
Mann. Er hieß eigentlich Schwarzerd und war der Sohn eines Waffenschmieds. Auf der 
Schule war er der Liebling der Lehrer, und mit 21 Jahren wurde er schon Professor an 
der Universität zu Wittenberg. Hier schloß er eine innige und ungetrübte Freundschaft 
mit Luther. Er war von zarter Gestalt, schlicht, sanft und aufrichtig und stand Luther 
in allen Dingen treu zur Seite, besonders förderte er durch seine Sprachkenntnisse das Werk 
der Bibelübersetzung. Er ist auch der Verfasser der augsburgischen Konfession (S. 46). 
12. Luthers Luthers Gemahlin — eine ehemalige Nonne 
— hieß Katharina von Bora. Mit ihr verlebte er eine glückliche Ehe. „Ich bin im 
Besitze meiner lieben Käthe reicher und glücklicher als Krösus," sagte er. An feinen 
Kindern hatte Luther große Freude. Aber obwohl er sie sehr lieb hatte, erzog er sie 
doch sehr strenge. Seinem Sohne Hans, welchem er jenen bekannten lieblichen Brief 
von dem schönen Garten schrieb, verweigerte er einmal 3 Tage die Verzeihung. „Ich 
will lieber einen toten als ungeratenen Sohn haben," sagte er. Einst erkrankte seine 
innig geliebte vierzehnjährige Tochter Magdalena. Luther stand an ihrem Bett und 
sagte: „Ich habe sie sehr lieb; aber lieber Gott, da es dein Wille ist, daß du sie da¬ 
hinnehmen willst, so will ich sie gern bei dir wissen." Dann sprach er zu seinem 
Töchterchen: „Magdalenchen, du bleibest gern hier bei deinem Vater und ziehest 
auch gern hin zu jenem Vater?" Und das kranke Kind antwortete: „Ja, Herzens¬ 
vater, wie Gott will." Am folgenden Tage starb sie, und als sie im Sarge lag, sagte 
Luther: „Du liebes Kind, wie wohl ist dir geschehen! Du wirst wieder aufstehen 
und leuchten wie ein Stern, ja, wie die Sonne." — Bei Tische liebte Luther heitre 
Unterhaltung, und wenn man abends an seinem Hause vorüberging, so hörte man 
darinnen anmutige Musik erklingen. Seine Kinder sangen die lieblichsten Weifen, 
und Luther selbst begleitete den Gesang mit Flötenspiel oder mit der Laute. 
13. Luthers Hod. Im Jahre 1546 reiste Luther auf Einladung des Grasen Mans¬ 
feld nach Eisleben. Er sollte aber Wittenberg nicht wiedersehen. In Eisleben, wo 
dieser Gottesheld geboren, sollte er auch sterben. Schon auf der Hinreise wurde er krank, 
und in Eisleben verschlimmerte sich die Krankheit. Bald befiel ihn eine heftige Brustbe¬ 
klemmung und warf ihn aufs Krankenbett. Kurz vor feinem Ende rief er dreimal hastig 
hintereinander: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist; du hast mich erlöset, 
du treuer Gott." Dann rief ihm einer feiner Freunde laut ins Ohr: „Ehrwürdiger 
Vater, wollt ihr auf Christum und die Lehre, wie ihr gepredigt habt, beständig bleiben?" 
Luther antwortete deutlich hörbar: „Ja!" wandte sich auf die rechte Seite und entschlief.
	        
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