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Erster Teil. In Haus und Hof.
die Schwalben schießen gar zu lief über die Erde hin, und die Schwüle
wird immer drückender. Schon schwankt ein beladener Wagen nach
dem anderen dem Dorfe zu,- der fleißige Hans feuert die langsamen
Tagelöhner zu immer neuer Tätigkeit an,- die haben gar viel zu tun,
ihren Schweiß abzutrocknen und Mutmaßungen über das Wetter aus¬
zusprechen, während die trockenen Lippen beständig am Mostkruge
hängen. Ja, der Unecht weiß, was sauer errungener Besitz ist- er
kann kein fremdes Eigentum zugrunde gehen sehen.
Du selbst hast schon lange keine Blicke mehr für den Himmel.
Auf die Erde sind sie geheftet, auf die langen Korngelege. Es geht
dir heute alles gar so langsam vorwärts, eine wahre Angst bemächtigt
sich deiner. Die wagen brauchen gar so lange, bis sie wieder zurück¬
kehren. Die Hitze wird immer drückender,- denn nun hat sich auch
der letzte Windhauch gelegt. Eine unheimliche Stille lagert über der
Natur. Nein Blatt am Baum regt sich mehr. Die Vögel verbergen
sich in den Zweigen, während sich der Himmel im Westen dunkler
färbt. Endlich nahen die Wagen. Du winkst ihnen zu, rascher zu
fahren. Du nimmst selber die Aufbietegabel in die Hand und wirfst
die Garben hinauf. Aber der Sturm ist noch schnetler. Mit rasender
Eile macht er sich auf. Schwarze Wetterwolken ballen sich zusammen.
Falbe Blitze zucken am Himmel. Schwere Regentropfen fallen nieder.
Die feigen Taglöhner fliehen den schützenden Dächern zu. Aber du
weichst nicht. Raum vermagst du mehr die schweren Garben gegen
die anbrausende Gewalt des Sturmes zu heben. Es ist ein Kampf
der schwachen Kraft des Menschen mit den entfesselten Elementen um
die Gaben der Natur. Aber diesmal hast du gewonnen- denn noch
zwei weitere wagen fahren eilig der Scheune zu. Aber einen be¬
dauernden Blick wirfst du auf den großen Teil deiner Ernte, der
hier noch am Boden liegt, ehe dich der niederrauschende Regen ins
Haus treibt.
wie du nun am Fenster stehst und mit besorgter Miene die
weißen Streifen betrachtest, welche sich zwischen den schwarzen Ge¬
witterwolken am Himmel bilden, und ängstlich lauschest, ob du nicht
das verdächtige Rauschen des Hagels hörst, da fragt eine innere
Stimme: Ist es wahr, was du dir so oft vorsagtest, wenn man aus
die Hagelversicherung zu sprechen kam, man müsse unserm Herrgott
nicht ins Handwerk greifen- wenn er einem das Seine nehmen wolle,
so nehme er's eben, ob man versichere oder nicht? Kommt dir
dieses Gottvertrauen jetzt nicht wie ein sträflicher Leichtsinn vor,
wie eine Gleichgültigkeit?
Würdest du nicht mit mehr Ruhe jene grauen hagelstreifen
betrachten, wenn du versichert wärest? Und würdest du nun nicht
Gott danken, daß er dir diesen Gedanken eingegeben hätte? Ist es
nicht ein werk gottgefälliger Menschenliebe, wenn viele zusammen¬
stehen und einer zum andern sagt: Dein Unglück ist auch das meinige-
wir wollen es gemeinschaftlich tragen? wird damit nicht mehr
Gutes geleistet als durch alles Bedauern, welches man mit Unglück¬