B. Die landesväterlichen Bestrebungen der Hohenzollern ꝛc.
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gekommen, mit ihnen nach Amerikaoder Afrika auszuwandern,
ihnen dort ein Wesen zu suchen, das sie nährt, und ihnen eine neue
Heimat zu gründen. Sage mir doch — du bist ja weit herum ge—
fommen in der Welt — sollte es ihren kräftigen Armen mit Gottes
Hilfe da drüben nicht auch gelingen? Was meinst du zu meinem Plane?“
„Euer Plan, lieber Brinkhofsvater“, versetzte ich darauf, „macht
Eurem väterlichen Herzen alle Ehre; doch mehr als vor fünfzig Jahren
gilt heute das Wort: „Bleibe im Lande und nähre dich redlich!“
Damals hat mancher deutsche Bauer in Amerika sein Glück gemacht,
und deutsche Kraft, Biederkeit, Fleiß und Genügsamkeit haben dem
Urwalde manche blühende „Farm“ abgerungen. Aber selbst den alten
Farmern und ihren Kindern wird's gegenwärtig nicht leicht, festzuhalten,
was ihre Väter gegründet. In welche bedrängte Lage aber die kommen,
die heuͤte hoffnungsfroh ausziehen, um „drüben“ ihr Glück zu suchen,
mögt Ihr daraus ersehen, daß allein i. J. 1894 fast zweihunderttausend
solcher Auswanderer enttäuscht und vielfach ganz verarint in die alte
Heimat zurückkehrten. — Aber, lieber Brinkhöfer, gibt es denn im
sieben deutschen Vaterlande nicht noch genug Bauernland,
das nur der kräftigen Hände und des weisen Sinnes harrt,
um Hunderten, ja, Tausenden von tüchtigen Landleuten eine
sorgenlose Zukunft zu bieten? Gerade Leute Eures Schlages
brauchen das Glück nicht in der Ferne zu suchen. Habt Ihr
denn noch nichts davon gehört, daß der preußische Staat
sich seit Länger als zehn Jahren bestrebt, im vaterländischen
Interesse deutsche Bauern in den Provinzen Westpreußen
und Posen anzusiedeln und zu diesem Zwecke eine staatliche
Behörde, die „Königliche Ansiedelungs-Kommission in Posen“,
eingesetzt hat?“
4. Erstaunt blickte der Alte mich bei diesen Worten an und platzte
heraus: „Ne, was du sagst! Das wäre doch gerade, als ob der Himmel
dich hierher geführt, um mir erst die rechte Festfreude zu bescheren!
Nun sag' mir aber einer, es geschehen keine Zeichen und Wunder mehr!
Sorge ich mich schon lange um die Zukunft meiner Jungen, und da
bringst du mir solch fröhliche Botschaft! Nein, weißt du, wenn du
es nicht wärest, — kaum würde ich der Sache weitere Beachtung
schenken. Mußt mir mehr davon erzählen; kennst du die Verhältnisse
genauer? Ist das denn auch wirklich eine reelle Sache, eine richtige
Behörde und keine Gefahr dabei? Hast mich ganz neugierig gemacht!
Daß man davon noch gar nichts gehört hat! Kann mir kaum denken,
daß in unserem lieben Vaterlande wirklich noch Bauernhöfe für unsereins
zu haben sein sollen! Ist wohl sehr weit bis Posen und Preußen?“
So hatte sich der gute Alte ganz in Eifer geredet, und es machte
mir große Freude, dem aufmerksam Horchenden über alles, was mit
dem Ansiedelungswesen in Posen und Westpreußen zusammen—
hängt, in Kürze die gewünschte Auskunft zu geben.
„Zunächst, lieber Brinkhofsvater“, begann ich meine Mitteilungen,
„sollt Ihr erfahren, daß ich kürzlich selbst im Ansiedelungsgebiete
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