Full text: [Teil 1, [Schülerband]] (Teil 1, [Schülerband])

B. Die landesväterlichen Bestrebungen der Hohenzollern ꝛc. 
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Ansiedlern wie überall Leute, die nie zufrieden werden; aber das ist 
doch die Ausnahme, was Ihr schon daraus erkennen könnt, daß von 
1784 Ansiedlerfamilien nur 33 die erworbenen Stellen nicht zu be— 
haupten vermochten. 
Ein westfälischer Bauer in Leiperode, den ich bei meiner Reise 
dorthin besuchte, äußerte sich so zu mir: „Die Ansiedelungskommission 
tut viel für uns; aber sie setzt uns nichts auf dem Präsentierteller 
vor. Wir müssen es uns noch sauer werden lassen, wenn wir vor— 
wärts kommen wollen. Aber das ist meine ehrliche Meinung, wer'n 
Kerl darnach ist, der schaffts auch. Mir gefällt's hier ganz gut, und 
ich bin zufrieden.“ 
Dann muß ich Euch aber auch noch vom Vater Poggenmüller in 
Zerniki erzählen, der mit seinen Söhnen und Schwiegersöhnen nach 
dorthin ausgezogen ist, und der dort wie ein rechter westfälischer Dorf— 
schulze auf einem sehr schönen und stattlichen Hofe wohnt. Seine 
Kinder haben eben solche Höfe. Als ich auf meiner Wanderschaft zu 
diesem strammen Westfalenvater kam, hatte er gerade einen — Schacherer 
hinausgeworfen. „Is nix ßu machen; s sein kalte Leut'“, meinte der 
mit seinem faulen Handel so unsanft an die Luft Gesetzte. Dieser Vater 
Poggenmüller sagte mir scherzend: „Es geht schon; es geht sogar ganz 
gut, und daß ich nicht lüge, sehen Sie schon an meinem Bäuchlein, 
das ich mir hier zugelegt habe. Sonst hätte ich ja auch meine Kinder 
gewiß nicht alle nachkommen lassen.“ Seht, so äußern sich die An— 
siedler über ihre Lage. Freilich kommt's wie überall auch dort auf 
den Mann an. Wer selbst zugreifen und fleißig sein will, 
dabei zähe, sparsam und genügsam ist, der ist dort will— 
kommen und findet sicher sein gutes Fortkommen. 
8. Zustimmend nickte der Brinkhöfer mit dem Kopfe. Dann sprang 
er mit einem Male auf und ging erregt um den alten Walnußbaum. 
Darauf blieb er vor mir stehen, sah mich scharf an und sagte dann 
hastig: „Es geht mir wie ein Bienenschwarm im Kopfe herum. Hat 
dich nun heute am ersten Pfingsttage der liebe Herrgott zu mir ge— 
schickt oder . . ..“ Na, nimm mir's nicht übel! Da sitze ich seit Jahr 
und Tag und überlege, was ich mit meinen Jungen anfangen soll, 
habe schon Pläne mit Amerika und Afrika im Kopfe, und da sagst du 
mir, daß ich im lieben, teuren Vaterlande für alle meine Kinder einen 
Hof kaufen und ihnen eine neue Heimat gründen kann. Sag mal, 
soll!? ich das wirklich wohl mit 7000 Mark, die ein jeder bekommt, 
noch in meinen alten Tagen fertig bringen?“ 
„Na, Vater Brinkhöfer, Leute Eures Schlages kann die An— 
siedelungskommission allemal gebrauchen. Ihr mit Euren Söhnen ver— 
steht die Landwirtschaft gründlich, greift selbst tüchtig zu und seid 
nicht durch einen zu guten Boden verwöhnt. Ihr würdet es dort zu 
etwas Rechten bringen und ein Vorbild für viele werden. Dennoch 
möchte ich Euch nicht überreden; schlaft erst noch ein paar Nächte 
darüber. Denn ein Kinderspiel ist's wahrlich nicht, die alte, liebe 
Heimat, das traute Dorf, die Verwandtschaft und Freundschaft aufzu—
	        
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