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Die industriellen Abfälle und ihre Verwertung.
zugesetzt, diesem den eigentümlichen Geruch und Geschmack des Kognaks
verleiht, gleichwie es auch bei der Darstellung der Fruchtäther und
zur Herstellung „echten“ Bordeaux' aus ungarischen Weinen nicht
selten eine große Rolle spielt.
Aus der Melasse des Rübenzuckers erzeugt man Branntwein, aus
der Melasse des Zuckerrohres Rum; aus Sägespänen gewinnt man
Oxalsäure; aus den Abfällen der Heringssalzereien, aus Abfällen der
Stockfische fertigt man den Fischguano, ein wertvolles Düngemittel.
5. Vor allem aber sei des wichtigsten Abfallstoffes bei der Gas—
bereitung, des Steinkohlenteeres, gedacht. Dieses Produkt, an sich
von wenig Gebrauchswert, ist wegen der von ihm zu gewinnenden De—
stillationsprodukte, auf die sich eine große Farbenfabrikation und ver—
schiedene andere neue Industrieen gründen, geradezu epochemachend ge—
worden. Gewinnt man doch aus diesem unansehnlichen, schmierigen,
übelriechenden Steinkohlenteer Benzol Genzin), Karbolsäure, Pikrin—
säure, welche eine schöne gelbe Farbe für Seidenstoffe liefert, Korallin,
Naphtalin und Phtalsäure, sowie ferner jene herrlichen Anilinfarben;
Fuchsin, Bleu de Paris, Magenta, Humboldt, Penss u. s. w., Farben,
die sich sowohl durch Pracht und Lebhaftigkeit, als auch durch eine fast
beispiellose Färbekraft auszeichnen.
Vieles, vieles, was unsere Eltern gering schätzten und als wertlos
verwarfen, hat jetzt schon hohen Wert bekommen und dient zu wich⸗
tigen Zwecken.
Die faserige Hülle der Kokosnuß, die man früher wegwarf,
auch sie wird jetzt bei uns in Deutschland zu Polstermaterial, zu
geflochtenen Teppichen, zu Bürsten und Pinseln verarbeitet, und das
Seegras, dessen Blätter im getrockneten Zustande früher nur als
Polstermaterial für Stühle, Sofas und Matratzen dienten, dieses un—
scheinbare Gras hat in Frankreich Benutzung in der Papierfabrikation
gefunden, gleichwie auch Jod aus ihm gewonnen wird.
Aus dem Kehrichte der Werkstätten der Gold- und Silberarbeiter
wird in den Gekräzanstalten das edle Metall wiedergewonnen; die
in den Kehricht geworfenen Glasscherben, ja selbst Porzellan- und
Thonscherben kommen wieder zu ihrer Geltung; erstere werden beim
Glasschmelzen, letztere zu Chamottemasse verwendet.
Aus Hobelspänen und Papier verfertigt Heilemann in Gebhardts⸗
dorf (Schlesien) Teller, Schalen und dergl.; kurz Stoffe, die man
früher als nutzlos beiseite warf, bieten uns jetzt manchen pekuniären
Gewinn. Dr. H. Krätzer, Zeitschrift „Die Natur“, Jahrg. XXI.
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